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Die Sache mit den Fallgesetzen ist aber noch lange nicht zu Ende. Jetzt kommt einer der genialsten Physiker aller Zeiten ins Spiel: Sir Isaac Newton. Und wir lernen noch ein weiteres wissenschaftliches Prinzip kennen: die Deduktion. Dabei schließt man von einer bereits fertigen, allgemeinen Theorie wieder auf etwas Spezielles zurück.
Newton und der Apfel


Sir Isaac Newton (1643-1727)

Früher glaubte man, dass am Himmel ganz andere Gesetze herrschen als auf der Erde. Wie konnte man sonst erklären, dass auf der Erde alles zu Boden fällt, während der Mond unablässig um die Erde kreist? Newton hatte aber eine geniale Idee. Und hier kommt der berühmte Apfel ins Spiel (das ist wieder eine von den gut erfundenen Geschichten). Newton beobachtete angeblich unter einem Apfelbaum liegend den Mond am Himmel, als ihm besagter Apfel auf den Kopf fiel (F9). Er empfand in diesem Augenblick die Bewegung des Mondes als ein „Fallen um die Erde„ und kam zu dem Schluss, dass die Umlaufbahn des Mondes und der Fall des Apfels auf dieselben Gesetzmäßigkeiten zurückzuführen sind. Diese Erkenntnis hatte er so um das Jahr 1660.

Wie kann man sich das vorstellen? Wenn du auf einem Berg einen Apfel waagrecht immer schneller abwirfst, wird er auch immer weiter um die Erde herum fallen (Abb. unten). Bei einer Abwurfgeschwindigkeit von fast 8 km/s fliegt ein abgeworfener Apfel auf einer Kreisbahn um die Erde (F8, der Luftwiderstand wird dabei vernachlässigt). Er befindet sich zwar immer noch im freien Fall, aber weil er so schnell ist, fliegt er genau parallel zur Erdoberfläche. Wie nennt man Gegenstände, die sich so bewegen, allgemein? Satelliten! Sie sind, so wie auch der Mond, im Prinzip also eine Art sauschneller Apfel. Weil sie außerhalb der Atmosphäre fliegen, gibt es dort auch keinen Luftwiderstand, der sie bremsen könnte.

Diese Vereinheitlichung war, im wahrsten Sinn des Wortes, ein genialer Wurf von Newton. Indem er erkannte, dass die Gesetze der Mechanik überall gelten, konnte er die Bahnen des Mondes und der Planeten mit denselben Gesetzen erklären wie auch den „normalen“ freien Fall auf der Erde. Dieser freie Fall ist also nichts anderes als eine spezielle Anwendung der Gesetze der Mechanik, die Newton selbst vorher aufgestellt hatte.

Galilei überprüfte seine Hypothesen und kam dann durch Induktion zu den Fallgesetzen, er kam also vom Speziellen zum Allgemeinen. Newton kam quasi von der anderen Richtung. Er konnte den Spezialfall des freien Falls auf der Erde aus den allgemeinen Gesetzen der Mechanik ableiten. Diesen Weg vom Allgemeinen zum Speziellen nennt man Deduktion. Dadurch war die Theorie des freien Falles wieder verbessert worden, denn nun konnte man auch zum Beispiel den freien Fall des Mondes berechnen.

Wurf um die Erde


Flugbahnen bei verschiedenen Abwurfgeschwindig-keiten. Es handelt sich hier um eine Originalzeichnung Newtons.