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Der Tunneleffekt

Untertitel: Quantenmurmel und Quantenachterbahn

Einen der spektakulärsten Effekte der Quantenmechanik kannst du zwar nicht direkt bemerken, aber du verdankst ihm trotzdem in gewisser Weise dein Leben. Es handelt sich um den Tunneleffekt!

Durch die Wand

Stell dir vor, du schnippst eine Murmel gegen ein Buch (folgende Abb.a). Du wärst sicherlich sehr verblüfft, wenn diese nicht wie erwartet abprallt (b), sondern einfach so durch das Buch flutscht (c). Genau das kann aber mit Quanten tatsächlich passieren und man spricht dann vom Tunneleffekt. Aber wie kann das sein?

Vereinfachen wir zunächst die Sache von drei auf eine Dimension (Abb. d). Damit die Kugel am Buch vorbeikommt, müsste sie den Umweg über den oberen Rand nehmen. Dazu braucht sie aber potenzielle Energie. Etwas abstrakt gesagt stellt das Buch eine Potenzialschwelle dar, an der die Kugel nicht vorbeikommt. Sehen wir uns jetzt ein analoges Beispiel aus dem Quantenreich an.


Eine normale Murmel prallt brav vom Buch ab (b). Eine „Quantenmurmel“, zum Beispiel ein Elektron, kann aber unter bestimmten Bedingungen solche Hindernisse „durchtunneln“.

Potentialschwelle

Wenn ein Quant gegen eine Potenzialschwelle läuft, dann wird der Großteil der Wahrscheinlichkeitswelle reflektiert (folgende Abb.). Das entspricht der abprallenden Murmel. Verblüffender Weise läuft aber ein kleiner Teil der Welle durch das Hindernis hindurch. Was bedeutet das? Dass das Quant mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit durch das Hindernis kommt - Tunneleffekt eben. Aus demselben Grund könnte es auch hin und wieder passieren, dass man auf einer „Quantenachterbahn“ bei A startet und trotzdem bis D kommt (F5). Kann man sagen, bei welchem Versuch das Quant ein Hindernis durchtunnelt? Nein! Man kann nur Aussagen treffen wie „bei 10 Versuchen wird das Quant im Schnitt einmal das Hindernis durchtunneln“. Im Quantenreich wird ja bekanntlich gewürfelt! durchgelassener Teil


Ein Quant läuft gegen eine Potenzialschwelle. Weil man diesem auf Grund der Unscharfe keine Bahn zuordnen kann, ist die Wahrscheinlichkeitsdichte `|\psi|^2` eingezeichnet. Je höher diese an einer bestimmten Stelle ist, desto wahrscheinlicher wird man das Teilchen bei einer Messung dort finden.


Tunneleffekt im Alltag

Warum tritt der Tunneleffekt nur bei Quanten, aber nicht bei alltäglichen Objekten auf? Warum kann eine „Quantenmurmel“ durch eine Potenzialschwelle, aber eine echte Murmel nicht durch ein Buch? Weil der Tunneleffekt eine direkte Folge der Energieunschärfe ist. Das Quant kann sich für einen kurzen Zeitraum At die fehlende Energie A£ ausleihen, um über den Energieberg zu kommen. Letztlich wirkt es aber so, als hätte das Quant den Berg durchtunnelt. Die Energieunschärfe ist nur ein winzigkleiner Effekt. Im Falle eines Quants kann dieser ausreichen, dass es durch einen eigentlich verbotenen Bereich kann. Im Vergleich mit der Energie von Alltagsobjekten ist die Energieunschärfe aber nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein.

Der Tunneleffekt spielt inzwischen in der Technik eine nicht unbedeutende Rolle. Mit einem Rastertunnelmikroskop kann man zum Beispiel einzelne Atome erkennen. Die für uns größte Bedeutung liegt aber darin, dass der Tunneleffekt die große Strahlungsleistung der Sonne ermöglicht. Ohne Tunneleffekt gäbe es auf der Erde kein Leben!

Zusammenfassung

  • Der Tunneleffekt besagt, dass ein Quant in oder durch einen Bereich kann, für den es eigentlich gar nicht genug Energie besitzt.
  • Der Tunneleffekt ist eine direkte Folge der Unschärferelation.