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Elektronenspin und Pauli-Verbot

Untertitel: Ein Elektron sieht nicht aus!

Bevor wir uns das gesamte Periodensystem ansehen, werfen wir noch einen Blick auf die ersten paar Elemente und lernen dabei ein ganz wichtiges Prinzip kennen, das der österreichische Physiknobelpreisträger Wolfgang Pauli formuliert hat.

Wolfgang Pauli, österreichischer Physiknobelpreisträger, soll einmal auf die Frage: „Wie sieht ein Elektron aus?„ geantwortet haben: „Ein Elektron sieht nicht aus!“. Quantenobjekte wie Elektronen entziehen sich einfach unserer bildlichen Vorstellungskraft.




Wolfgang Pauli im Jahr 1926

Es gibt eine weitere Eigenschaft der Quanten, die Pauli 1925 bei Elektronen entdeckte und die man sich nicht bildlich vorstellen kann: den Spin! Leider lässt sich der Begriff schwer in einem Satz erklären. Etwas allgemein, aber nicht sehr befriedigend kann man so sagen: Der Spin ist eine grundlegende Eigenschaft jedes Quants, ähnlich wie seine Masse oder seine Ladung. Alle drei Eigenschaften können wir messen und belegen. Aber es kann niemand sagen, was Ladung, Masse oder Spin „wirklich„ sind. Wie „sieht“ zum Beispiel eine Ladung aus? Wolfgang Pauli würde wohl antworten: „Eine Ladung sieht nicht aus!„




Bei makroskopischen Objekten kann man die Richtung des Spinvektors mit der rechten Hand bestimmen. Wenn die Finger in Drehrichtung zeigen, dann zeigt der Daumen in Richtung des Drehimpulsvektors. Auch Quanten kann man“ einen Spin zuordnen. Aber Achtung: Quanten sind keine rotierenden Kugeln. Quanten „sehen nicht aus„.

Meistens wird der Teilchenspin mit einer Analogie aus der Mechanik erklärt. Jedes rotierende Objekt besitzt einen Eigendrehimpuls, also einen Spin (F14). Das Wort Spin kommt aus dem Englischen und bedeutet Drall. Man könnte sich nun also vorstellen, dass auch der Spin eines Quants durch dessen Eigendrehung hervorgerufen wird, dass also Quanten kleine rotierende Bälle sind. Du musst dir aber im Klaren sein, dass das nur eine bildliche Hilfskonstruktion ist. Der Ort eines Quants ist generell „unscharf“, und diese können daher auch keine kleinen rotierenden Bälle sein. Kurz: Man kann zwar Quanten einen Drehimpuls zuordnen, aber niemand weiß, wie man sich diesen bildlich vorstellen soll.

Wolfgang Pauli konnte also den Zeeman-Effekt erklären, indem er annahm, dass Elektronen einen Spin besitzen, der entweder +Vz oder -Yi ist. Und dann formulierte er sein berühmtes Prinzip, für das er 1945 den Nobelpreis erhielt. Das Ausschließungsprinzip, auch Pauli-Verbot genannt, lautet: Zwei Elektronen im selben Orbital dürfen nicht den gleichen Spin besitzen. Das hört sich harmlos an, aber das Universum würde ohne dieses Verbot völlig anders aussehen und auch das Leben hätte sich - zumindest in der gewohnten Form - nicht entwickeln können.

Sehen wir uns die ersten drei Elemente des Periodensystems an. Wasserstoff besitzt nur ein Elektron, das sich im 1s-Orbital befindet (Abb. 27.23 a). Helium hat zwei Elektronen im 1s-Orbital. Davon muss aber eines den Spin +Vi haben und das andere -Vi. Damit ist das Orbital voll. Das dritte Elektron im Lithium passt aufgrund des Pauli-Verbots nicht mehr auf das 1s-Oribital. Es muss quasi ein neues Orbital eröffnet werden, das 2s-Orbital.




Die ersten drei Elemente des Periodensystems. Die Pfeile geben den Spin der Elektronen an. Das ist aber nur ein Modell. Die Elektronen sind nicht lokalisierbar.

Was wäre, wenn es das Pauli-Verbot nicht gäbe? Dann würden sich alle Elektronen immer auf einer Schale befinden, also im niedrigsten Energiezustand. Uran zum Beispiel, das schwerste natürliche Element, hätte dann alle seine 92 Elektronen auf einer Schale. Die Elemente würden sich dann chemisch ganz ähnlich wie der Wasserstoff verhalten und ihre typischen Eigenschaften verlieren (siehe Kap. 27.5). Alle Atome könnten sich dann mit allen Atomen verbinden, und die Größe von Molekülen wäre nach oben hin nicht begrenzt.




Ordnungszahl und Atomgröße. Immer mit dem „Eröffnen„ eines weiteren s-Orbitals steigt der Atomradius wieder sprunghaft an. Rubidium hat bereits rund den 4-fachen Durchmesser von Wasserstoff.

Außerdem würden ohne Pauli-Verbot die Elemente mit zunehmender Ordnungszahl immer kleiner werden. Warum? Wenn es nur eine Schale gäbe, dann würde mit der Erhöhung der Protonen im Kern auch die elektrische Anziehungskraft wachsen und somit die Orbitale näher an den Kern herangezogen. Das ist tatsächlich auch der Fall, aber nur so lange, bis ein neues s-Orbital eröffnet werden muss (F13). Das Pauli-Verbot verleiht also, gemeinsam mit der Unschärferelation, der Materie ihr Volumen!

Zusammenfassung

Jedem Quant kann man eine Eigenschaft zuordnen, die man als Spin bezeichnet. Für Quanten mit halb-zahligem Spin (s = Vi), wie die Elektronen, gilt das Pauli-Verbot. Zwei Elektronen im selben Orbital können nicht den gleichen Spin haben. Diese Tatsache ist für das Verständnis des Periodensystems unbedingt notwendig.