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Zeitmessung

Untertitel: Die gezähmte Zeit

Was ist Zeit? Warum können wir uns an die Vergangenheit erinnern, aber nicht an die Zukunft? Gab es Zeit bereits vor dem Urknall? Leider wissen wir wenig über das Wesen der Zeit, und die oben gestellten Fragen lassen sich auch nicht befriedigend beantworten. Es ist ironisch: Obwohl uns die Zeit ziemlich unklar ist, können wir sie trotzdem messen.

Sonnenuhren

Werfen wir zuerst einmal einen Blick auf die Geschichte der Zeitmessung. Die Sonne war das allererste Hilfsmittel, um die Zeit zu bestimmen. Die ersten Sonnenuhren sind wahrscheinlich bereits vor einigen tausend Jahren gebaut worden. Man steckte im einfachsten Fall einen Stab in die Erde, und sein Schatten lief im Laufe eines Tages um ihn herum. Mittag war dann, wenn der Schatten am kürzesten war, also die Sonne am höchsten stand. Später wurden die Sonnenuhren trickreicher und genauer! Aber das Prinzip blieb immer dasselbe: Zeitmessung mit Hilfe der Erddrehung!

Sonnenuhr


Die große Sonnenuhr in Jaipur.
Die Rampe links (über 30 m hoch) wirft den Schatten, der auf der runden Skala rechts entlangläuft und mit einer Genauigkeit von 2 Sekunden abgelesen werden kann.

Später versuchte man, von der Sonne unabhängig zu werden und entwickelte Wasseruhren, Kerzenuhren und Sanduhren. Die hatten aber alle einen großen Nachteil: Man musste auf sie aufpassen, also Wasser nachfüllen, sie umdrehen oder neu anzünden.

Räderuhren

Um 1300 wurde eine Erfindung von enormer kulturhistorischer Reichweite gemacht: die Räderuhr (Abb. 2.16). Beim Absinken des Gewichts wickelt sich ein Seil langsam ab und bewegt dadurch die Zeiger. Die Räderuhr verbreitete sich rasant über ganz Europa, weil sie ein Symbol für Reichtum und Tatkraft war. Viele Städte beschafften sich deshalb eine Uhr, weil andere auch schon eine hatten. Die Räderuhr war noch ziemlich ungenau, zuerst etwa 1 bis 2 Stunden, später etwa 15 Minuten pro Tag.

Räderuhr


Eine alte Räderuhr mit Gewichten

Pendeluhren

Um etwa 1660 gelang es dem Holländer Christian Huygens, die Zeitmessung wieder entscheidend zu verbessern. Er nutzte Galileis Idee, ein Pendel als Taktgeber für Uhren einzusetzen und konnte die Ganggenauigkeit auf etwa 1 Sekunde pro Tag steigern. Pendeluhren wurden damit zu einer unentbehrlichen Hilfe bei astronomischen Beobachtungen.

Huygens fand also im Pendel einen sehr genauen Taktgeber für seine Uhren. Eine Halbschwingung dauert genau eine Sekunde. Heutige Taschenuhren sind da wesentlich genauer, weil diese haben bis zu 8 Halbschwingungen in der Sekunde. Es gibt aber noch zwei weitere Meilensteine in der Genauigkeit der Zeitmessung.

Quarzuhren

1927 wurde die Quarzuhr erfunden. Bei ihr ist ein elektromagnetischer Schwingkreis der Taktgeber, der eine Frequenz von knapp 33 000 Schwingungen pro Sekunden hat! Ein Quarz hilft dabei, dass diese Frequenz ganz genau eingehalten wird. Quarzuhren gehen in einem Monat nur etwa 1 Sekunde falsch. Das ist schon verdammt gut! Es gibt aber eine Uhr, die noch mal um Weltklassen genauer geht: Die Atomuhr! Die erste wurde 1948 gebaut. Heute sind die besten dieser Uhren so genau, dass sie in 10 Millionen Jahren nur um 1 Sekunde falsch gehen! Beeindruckend, oder?

Atomuhren

Vereinfacht gesagt nutzt man bei diesen Uhren die Eigenschaft von Atomen aus, beim Übergang zwischen zwei Energiezuständen elektromagnetische Wellen mit einer ganz bestimmten Frequenz abstrahlen oder aufnehmen zu können. Der Taktgeber sind Mikrowellen (eine bestimmte Art der elektromagnetischen Wellen, die du vom Mikrowellenherd kennst), die über 9 Milliarden Mal pro Sekunde schwingen. Und die heute meistens verwendeten Cäsium-133-Atome dienen dazu, dass diese vorgegebene Frequenz so genau wie möglich eingehalten wird. Und das führt uns zur Definition der Sekunde.

Sekundendefinition

Ein Tag hat im Prinzip 86 400 Sekunden (F23). So wurde die Sekunde früher auch definiert. Das Problem ist aber: Das ist ein Durchschnittswert, denn der Zeitraum zwischen 2 Sonnenhöchstständen (also von Mittag zu Mittag) schwankt im Laufe eines Jahres um ein paar Sekunden. Das hat damit zu tun, dass die Erde eine Ellipse um die Sonne beschreibt und die Erdachse um 23,5° auf diese Bahn geneigt ist. So kommt es, dass Sonnenuhren mal nach- und mal vorgehen, im Extremfall bis zu 16 Minuten (siehe folgende Abb.).

Gangungenauigkeiten


Summe der Gangungenauigkeiten von Sonnenuhren

Aus diesem Grunde kam es 1967 zu einer neuen Definition, die unabhängig von der Bewegung der Himmelskörper war. Seit damals definiert man die Sl-Sekunde über die Schwingungen jener Mikrowellen, die von den Cäsium-133-Atomen geschluckt werden. Es genügt wenn du weißt, dass es über 9 Milliarden Schwingungen pro Sekunde sind (genau sind es 9 192 631 770).

Man hat übrigens auch im Alltag etwas von der Genauigkeit der Atomuhren, wenn man eine Funkuhr besitzt. Knapp 600 km von Wien entfernt befindet sich in Frankfurt am Main ein Sender, der die genaue Zeit einer Atomuhr über Funk an diese Uhren weitergibt. Quasi Atomzeit am Handgelenk! Die Atomuhr dazu steht übrigens in Braunschweig.