Was sind Halbleiter?

Dioden, Transistoren und ICs sind so genannte Halbleiterbauelemente. Halbleiter sind Festkörper, deren elektrische Leitfähigkeit zwischen der von Isolatoren (zB Hartgummi) und der von metallischen Leitern (zB Kupfer) liegt (vgl. dazu die folgende Tabelle). Halbleiter haben eine besondere Eigenschaft: Verhalten sie sich bei sehr tiefen Temperaturen wie Isolatoren, so nimmt ihre Leitfähigkeit - im Gegensatz zu Metallen - mit steigender Temperatur zu.

w4-79-t1.jpg

Reine Halbleiter

Die wichtigsten Halbleiter sind Silicium und Germanium1). Sie stehen im Periodensystem in der 4. Hauptgruppe zwischen Kohlenstoff, der als Diamantkristall ein Isolator ist, und dem metallischen Zinn.

w4-79-t2.jpg

Wodurch kommen die unterschiedlichen Eigenschaften der im Festkörper gebundenen Atome von Kohlenstoff, Silicium, Germanium und Zinn zu Stande? Betrachten wir zunächst die Extreme, das Metall Zinn und den Nichtleiter Diamant. Bei der Bildung des Metallgitters gibt jedes Zinnatom ein Elektron ab, das sich dann zwischen den positiven Metallionen bewegen kann. Im Diamantkristall ist jedes Atom von vier Nachbarn umgeben, die Bindung erfolgt durch gemeinsame Elektronenpaare (kovalente Bindung). Diese Elektronenpaare kompensieren die gegenseitige Abstoßung der positiven Atomrümpfe. Um ein Elektron eines dieser Paare aus seiner Bindung an die Atome zu lösen, muss ein beträchtlicher Energiebetrag aufgewandt werden. Bei Diamant beträgt diese Bindungsenergie pro Elektron 6eV.

w4-80-t1.jpg

Silicium und Germanium haben die gleiche Kristallstruktur wie Diamant. Die Elektronen sind ebenfalls paarweise an die Gitteratome gebunden, doch ist die zu ihrer Loslösung notwendige Energie beträchtlich geringer. Wie gelingt es dem Halbleiterkristall, Elektronen aus der Bindung freizusetzen und durch diese frei beweglichen Elektronen zum Leiter zu werden?

Die im Kristallgitter regelmäßig angeordneten Atome ruhen nicht bewegungslos an ihren Gitterplätzen, sie schwingen um ihre mittleren Positionen. Diese Schwingungen sind umso stärker, je höher die Temperatur ist. Die mittlere Schwingungsenergie ist proportional zur Temperatur und beträgt bei Zimmertemperatur ungefähr 0,025 eV. Viele Atome haben eine geringere Energie, manche eine höhere und nur sehr wenige Atome eine Energie, die ausreicht, um ein Elektron aus seiner Bindung herauszuschlagen. Diese Elektronen stehen dann als frei bewegliche Leitungselektronen zur Verfügung, sie können einem angelegten elektrischen Feld folgen. (Auch durch Lichteinstrahlung kann die erforderliche Energie zugeführt werden, dies wird zB bei der Solarzelle ausgenützt.) Damit ergeben sich zwei Unterschiede zu den Metallen:

w4-80-1.jpgRäumliche Darstellung der Gitterstruktur von Diamant, Si, Ge. Jedes Atom ist an vier Nachbarn gebunden.

a) Im Metall steht pro Atom ein Leitungselektron zur Verfügung, insgesamt etwa `10^22` Elektronen pro cm³. In einem Kristall aus reinem Silicium kommt bei 50°C auf `10^12` Atome ein Leitungselektron, insgesamt etwa `10^10` Elektronen pro cm³. Die Leitfähigkeit des reinen Halbleiters ist daher beträchtlich kleiner als die eines Metalls.

b) Bei höherer Temperatur nimmt die Leitfähigkeit eines Halbleiters zu, da die Gitteratome durch stärkere thermische Bewegung mehr Elektronen freisetzen. Im Metall nimmt hingegen die Leitfähigkeit mit wachsender Temperatur ab, da die Leitungselektronen immer häufiger mit den stärker schwingenden Gitterbausteinen zusammenstoßen.

Welche Rolle spielen beim Ladungstransport in Halbleitern die positiven Ionen, die nach Freisetzung eines Elektrons ortsfest an ihren Gitterplatz gebunden bleiben? Ihnen fehlt ein Elektron, man spricht daher von einem „Defektelektron“ oder „Elektronenloch“. Jedes dieser Ionen kann einem benachbarten Gitteratom ein Elektron „wegfangen“ und wieder neutral werden. Beim „beraubten“ Gitteratom entsteht dadurch ein Elektronenloch. In einem äußeren Feld wandert das Elektronenloch wie eine positive Ladung — aber nicht durch Wanderung der Ionen, sondern durch das Nachrücken der Elektronen. So tragen auch die Elektronenlöcher zum Ladungstransport bei.

Was geschieht, wenn ein Leitungselektron einem Elektronenloch nahe kommt? Die positive Ladung bindet das Elektron, es „fällt“ in das Loch, die beiden Ladungsträger neutralisieren sich, sie rekombinieren. Dabei wird die Bindungsenergie wieder frei, sie kann in Form von Licht abgestrahlt (zB in der Leuchtdiode) oder in Wärme umgewandelt werden.

w4-80-3.jpgBildung eines Paares aus beweglichem Elektron und Elektronenloch, indem ein Elektron aus der Bindung an seinen Gitterplatz gelöst wird und als frei beweglicher Ladungsträger zur Leitfähigkeit beiträgt. An seinem Platz herrscht Elektronenmangel, es ist ein positives Elektronenloch entstanden.

Aber nicht nur durch thermische Stöße, sondern auch durch andere Formen der Energiezufuhr können Elektronen aus ihren Gitterplätzen herausgeschlagen werden, etwa wenn Licht oder ionisierende Strahlung auf den Halbleiterkristall fällt. Die Zahl der erzeugten freien Ladungsträger - und damit die Leitfähigkeit - hängt von der Intensität der einfallenden Strahlung ab.

Leitfähigkeit von Halbleitern

Die Leitfähigkeit eines reinen Halbleiterkristalls beruht auf frei beweglichen Ladungsträgern: Elektronen und Elektronenlöcher. Die Elektronenlöcher verhalten sich wie positive Ladungen. Die Leitfähigkeit nimmt mit wachsender Temperatur zu.

1) Daneben gewinnen Mischungen aus Silicium und Germanium zunehmend an technischer Bedeutung.