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Quanten, Zufall und Wahrscheinlichkeit

Untertitel: Es wird gewürfelt

Richard Feynman hat das Doppelspalt-Experiment einmal als das „Herz der Quantenmechanik„ bezeichnet. Anhand dieses Experiments wird tatsächlich jene Paradoxie sehr klar, die Albert Einstein immer ein Gräuel war.

Was passiert, wenn man Quanten nacheinander durch einen Doppelspalt schießt? Folgende Abb. zeigt das Ergebnis eines Versuches mit Elektronen. Die ersten treffen scheinbar völlig zufällig auf den Schirm. Nachdem jedoch viele Tausende Elektronen durch den Doppelspalt geflogen sind, erscheint wieder das typische Streifenmuster! Das funktioniert im Übrigen mit allen Quanten, also auch mit Photonen oder Fußballmolekülen.




Die Abbildungen zeigen den Aufbau eines Interferenzmusters bei einem Doppelspalt-Experiment mit einzelnen Elektronen. Die Anzahl der Elektronen beträgt von a bis d: 7, 100, 3000,70.000.

Dieses Ergebnis ist verblüffend und sehr absurd! Es sieht nämlich so aus, als würde jedes Teilchen durch beide Spalte fliegen und quasi mit sich selbst in Interferenz kommen. Sonst dürfte man ja nur zwei Streifen sehen. Hier stoßen wir an die im Prolog angesprochene Grenze des menschlichen Verstandes. Man kann dieses Phänomen zwar berechnen, aber niemand kann es sich bildlich vorstellen.

Die heute gängige Interpretation dieses Phänomens ist die, dass der Aufprallpunkt eines Teilchens durch eine Wahrscheinlichkeitswelle bestimmt wird, die tatsächlich durch beide Spalte geht. Die mathematische Beschreibung dazu entwickelte der Österreichische Nobelpreisträger Erwin Schrödinger. Die Interferenzen dieser Wahrscheinlichkeitswelle sind dann gewissermaßen „Wahrscheinlichkeitsstreifen“. An Orten mit konstruktiver Interferenz (a) ist das Auftreffen des Teilchens wahrscheinlicher als an Orten mit destruktiver Interferenz (b). Es ist aber unmöglich vorherzusagen, wo ein bestimmtes Teilchen tatsächlich aufprallen wird.





Der Aufprallpunkt des Teilchens wird durch eine Wahrscheinlichkeitswelle bestimmt, deren Wellenlänge der de Broglie- bzw. der Lichtwellenlänge entspricht. An Stellen von konstruktiver Interferenz (a) ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreffen des Einzelteilchens sehr groß, an Stellen destruktiver Interferenz (b) praktisch null.

Es ist ähnlich wie beim Würfeln. Die Wahrscheinlichkeit einen 6er zu würfeln beträgt 1/6. Diese Wahrscheinlichkeit bezieht sich aber auf den Schnitt sehr vieler Würfe. Es kann durchaus sein, dass du 100-mal würfelst und es ist kein einziger 6er dabei (F18). Es ist prinzipiell unmöglich, aus einer Wahrscheinlichkeitsangabe auf ein Einzelereignis zu schließen, egal ob es sich nun um den Aufprallpunkt eines Quants handelt oder um die Augenzahl beim nächsten Wurf.

Die unbehagliche Tatsache, dass die Natur im Bereich der Quanten nicht vorhersagbar und Einzelereignisse dem Zufall unterworfen sind, war der Grund für Einsteins Ausspruch „Gott würfelt nicht„ (Im Original: „I cannot believe, that God plays dice with the cosmos“). Einstein hatte noch die Hoffnung, dass dieser Zufall nur ein scheinbarer ist und durch unsere Unwissenheit verursacht wird. Nach dem, was wir heute wissen, muss man aber sagen: Im Quantenreich wird ausschließlich gewürfelt!




Einstein und Bohr, die gut befreundet waren, bei einem ihrer Streitgespräche.
Zur Aussage „Gott würfelt nicht„ soll Bohr bemerkt haben: „Einstein, schreiben Sie Gott nicht vor, was er zu tun hat!“.

Zusammenfassung

Quanten folgen Wahrscheinlichkeitsgesetzen. Das bedeutet, dass das Verhalten einer sehr großen Zahl von Quanten vorhersagbar ist. Zum Beispiel entsteht bei einem Doppelspalt nach dem Durchschuss vieler Teilchen immer das bekannte Streifenmuster. Das Verhalten eines einzelnen Teilchens ist aber nicht vorhersagbar und vollkommen dem Zufall überlassen. Das hat viele Physiker schockiert!