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Das Fadenpendel

Untertitel: Schaukeln am Mond

Angeblich machte Galileo Galilei in der Kathedrale von Pisa eine sehr bedeutende Entdeckung, die in weiterer Folge für die Zeitmessung eine wichtige Rolle spielte: Er entdeckte das Pendel als exakten Zeitmesser.

Im Alter von 19 Jahren (also 1583) beobachtete Galileo Galilei in der Kathedrale von Pisa angeblich die schwingenden Kronleuchter (Abb.) und bemerkte, dass die Schwingungsdauer unabhängig von der Schwingungsweite ist.




Luster in der Kathedrale von Pisa, der Galilei zu seinen Pendelexperimenten angeregt haben soll.

Er unternahm daraufhin eine Reihe von Messungen an Pendeln, um diese Beobachtung auch wissenschaftlich belegen zu können. Dabei entdeckte er, dass die Schwingungsdauer unabhängig von der Masse ist. Die mathematische Beschreibung dazu lautet folgendermaßen (zur Herleitung der Gleichung siehe F43):

Schwingungsdauer eines Fadenpendels (bzw. mathematischen Pendels):
`T = 2\pi \sqrt{\frac{l}{g}}` d.h. `T~ \sqrt{l}` bzw. `T~ \frac{1}{\sqrt{g}}`
T … Dauer für eine Hin- und Herbewegung(= Schwingungsdauer) in s
l … Pendellänge in m
g … Erdbeschleunigung (9,81 m/s²)

Animation1: Dieses Java-Applet von Walter Fendt demonstriert, wie sich bei der reibungsfreien Schwingung eines Fadenpendels Auslenkung, Geschwindigkeit, Beschleunigung, Kraft und Energie zeitlich ändern.

Animation2: Animation mit GeoGebra


Die Schwingungsdauer ist also direkt proportional zur Wurzel der Pendellänge und indirekt proportional zur Wurzel der Erdbeschleunigung. Weil ein genau definiertes Verhältnis zwischen Pendellänge und Schwingungsdauer besteht, kam Galilei auf die geniale Idee, Pendel zur Zeitmessung einzusetzen.

Um die Zeit gut messen zu können, soll das Pendel auch möglichst im Sekundentakt schwingen. Dafür eignet sich eine Pendellänge von rund 25 cm oder 1 m (F1; folgende Abb.). Im ersten Fall dauert die gesamte Schwingung eine Sekunde, im zweiten Fall die Halbschwingung. Du siehst an diesem Beispiel: Eir der Pendellänge verdoppelt die Schwingungsdauer. Galilei hatte zwar die Idee für die Pendeluhr geboren, konnte sie aber zu Lebzeiten nicht mehr umsetzen. Erst Christian Huygens (sprich „Heychens„) nützte dieses Wissen Jahrzehnte später zum Bau einer Pendeluhr.




Zusammenhang zwischen Pendellänge und Schwingungsdauer beim Fadenpendel. Vergleich mit deinen Ergebnisse aus den Experimenten!

Die Ganggenauigkeit einer Pendeluhr hängt, neben vielen anderen Faktoren, natürlich auch von der Erdbeschleunigung ab, und dieser Einfluss ist nicht zu unterschätzen. Wenn du zum Beispiel eine Pendeluhr exakt auf Graz abgestimmt hast, dann geht sie in Wien pro Tag um 7 Sekunden zu schnell (folgende Tab.; rechne nach!). An den Polen und am Äquator würde die Abweichung im Minutenbereich liegen. Am Mond kannst du deine Pendeluhr überhaupt vergessen: Dort dauert die Schwingung jedes Pendels 2,45-mal so lang wie auf der Erde. Schaukeln am Mond wäre echt langweilig (F2)!




Gangungenauigkeit in Abhängigkeit von der Erdbeschleunigung für eine Pendeluhr, die auf Graz abgestimmt ist (+ bedeutet schnelleren Gang).

Der große Verdienst Galileis war die Erkenntnis, dass die Pendelmasse für die Schwingungsdauer keine Rolle spielt. Diese Entdeckung ist uneingeschränkt richtig! Aber in einem Punkt irrte Galilei. Er dachte nämlich, dass die Schwingungsweite keinen Einfluss auf die Schwingzeit hat. Das ist aber nicht richtig. Bei kleinen Winkeln, wie etwa bei einem leicht schwingenden Kirchenluster oder beim Pendel einer Uhr ist diese Abweichung winzig und so gut wie nicht zu bemerken (folgenge Abb. 14.6 und Tabelle). Das erklärt auch, warum sie dem kritischen Blick Galileis entging. Nur bei wirklich großen Auslenkungen kann man eine Abweichung feststellen. Was hast du bei deinem Experiment herausbekommen?




Verlängerung der Schwingungsdauer in Abhängigkeit von der Auslenkung in %. Die Angaben beziehen sich auf ungedämpfte Schwingungen.




Detaildaten zur vorhergehenden Abb.: Bis zu einer Auslenkung von 23° beträgt die Abweichung der Schwingungsdauer weniger als 1%, was in einer Minute nur einen Fehler von 0,6 s verursacht. Die rechte Spalte bezieht sich auf die Ungenauigkeit pro Minute bei einer ungedämpften Schwingung.

Es gibt aber noch eine zweite Ungenauigkeit in der Schwingungsgleichung. Beim Fadenpendel wird angenommen, dass der Faden keine Masse hat und diese auf einen einzigen Punkt am unteren Ende des Pendels konzentriert ist. Das ist eine Idealisierung, weil es ein solches Pendel in Wirklichkeit nicht geben kann. Man nennt diese idealisierten Pendel auch mathematische Pendel, die in der Realität vorkommenden physikalische Pendel.

Zusammenfassung

Die Schwingungsdauer eines Pendels hängt im Wesentlichen von der Pendellänge und der Erdbeschleunigung ab. Weiters besteht ein kleiner, im Alltag aber vernachlässigbarer Zusammenhang mit der Schwingungsweite. Pendeluhren waren Jahrhunderte lang für die exakte Zeitmessung unentbehrlich.