Untertitel: Starthilfe zur Zivilisation
Reibung ist oft sehr lästig und wandelt den Großteil der Bewegungsenergie in für uns wertlose Wärme um. Dass die Reibung auf der anderen Seite für unser Leben enorm wichtig ist, merkt man dann, wenn sie einmal fehlt, etwa bei Glatteis. Gehen und Fahren wären ohne Reibung unmöglich. Außerdem verdanken wir ihr letztlich die Entstehung der Zivilisation, denn ohne Reibung hätten die Urmenschen kein Feuer machen können.
Von den verschiedensten Reibungsmechanismen sehen wir uns nur den zwischen zwei festen Oberflächen an. Selbst polierte Stahlflächen haben unter dem Mikroskop deutliche Unebenheiten. Die tatsächliche Kontaktfläche ist dadurch um einige Zehnerpotenzen geringer als erwartet (folgende Abb.). An manchen Stellen kommen die Miniberge einander so nahe, dass Adhäsionskräfte wirksam werden. Das sind Kräfte, die zwischen zwei unterschiedlichen Stoffen entstehen (F16). Diese sind letztlich auf elektrische Bindungskräfte zurückzuführen und lassen zum Beispiel auch eine Haftnotiz oder einen Gecko an der Wand kleben.
| Mikroskopische Kontaktflächen bei kleinerer (a) und bei größerer Normalkraft (b). |
Will man einen Gegenstand verschieben, dann muss man sowohl die Adhäsionskräfte als auch die Unebenheiten überwinden. Der Zusammenhang zwischen der Normalkraft (sie entspricht bei einer horizontalen Fläche dem Gewicht) und der Reibungskraft lautet: $F =\mu \cdot F_N$
| Normalkraft und Reibungskraft |
$\mu$ (sprich mü) ist die Reibungszahl. Ist sie 1, dann ist die Kraft, mit der man ziehen muss, genau so groß wie die Normalkraft. Üblicherweise ist $\mu$ aber viel kleiner als 1 (siehe folgende Tabelle). Man braucht also zum Schieben meistens weniger Kraft als zum Heben des Gegenstandes. Wächst die Normalkraft, dann wächst auch die Reibungskraft, weil die mikroskopischen Kontaktflächen größer werden.
Schon das Renaissance-Genie Leonardo da Vinci (1452-1519) bemerkte, dass die Reibung eines Gegenstandes nicht von der Auflagefläche abhängt. Das ist ziemlich paradox. Rein intuitiv würde man doch denken, dass sich eine Kiste leichter schieben lässt, wenn die Auflagefläche kleiner ist (F15). Auch diese Paradoxie kann man durch Abb. 8.23 erklären. Wenn die Auflagefläche kleiner ist, dann wird die Kraft pro Fläche (also der Druck) größer. Auch in diesem Fall wächst die mikroskopische Auflagefläche, und das gleicht sich genau aus.
Die Reibung kommt durch die Unebenheiten in den Oberflächen zustande. Sie ist nicht von der Auflagefläche abhängig. Der Reibungskoeffizient $\mu$ gibt an, wie gut zwei Stoffe aufeinander gleiten.