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Die Bewegungsgleichung

Untertitel: Mehr als nur heiße Luft

In diesem Abschnitt geht es um das zweite Newton'sche Grundgesetz, das man auch Bewegungsgleichung nennt. Sie ist eine der wichtigsten Gleichungen in der Mechanik und hat ab 1686 das Weltbild sehr verändert.

Das Trägheitsgesetz besagt: Wenn auf einen Gegenstand keine Kraft wirkt, dann ändert er seine Geschwindigkeit nicht. Wenn du diese Aussage umkehrst, dann lautet sie: Wenn auf einen Gegenstand eine Kraft wirkt, dann ändert er seine Geschwindigkeit. Eine Geschwindigkeitsänderung bedeutet immer eine Beschleunigung. Also folgt aus dem Trägheitssatz, dass für jede Beschleunigung eine Kraft notwendig ist. Der Zusammenhang zwischen Kraft und Beschleunigung wird durch die Bewegungsgleichung beschrieben.

Bewegungsgleichung: Kraft = Masse $\cdot$ Beschleunigung
$\qquad \qquad \vec F = m\cdot \vec a$ oder $\vec a = \frac{\vec F}{m}$
$\vec F$ beschleunigende Kraft, [F] = [m] [a] = kg m/s² = N
$m$Masse des Gegenstands, [m] = kg
$\vec a$Beschleunigung des Gegenstands, [a] = m/s²

Die Bewegungsgleichung ist also im Prinzip eine Definition der Kraft bzw. stellt sie einen Zusammenhang zwischen Kraft, Masse und Beschleunigung her. Wenn du bei einem beliebigen Vorgang von diesen drei Größen zwei kennst, kannst du die Dritte sofort ausrechnen. Kraft und Beschleunigung sind Vektoren und zeigen in dieselbe Richtung.

Warum hat gerade diese Gleichung das Weltbild so verändert? Weil Newton zusammen mit dem Gravitationsgesetz nun die Bahnen der Himmelskörper berechnen konnte. Früher dachte man ja, dass Mond und Planeten irgendwie an der Himmelskugel kleben. Newton konnte nun aber zeigen, dass sich auch Himmelskörper brav an die physikalischen Gesetze halten.

Die Einheit der Kraft ist das Newton (N) (Einheiten sind ja oft eine Hommage an Physiker). Was hat man sich unter einem Newton vorzustellen? 1 Kraft, mit der eine Masse von etwa 100 g von der Erde nwird (genau sind es 101,9 g; folgende Abb.). 1 kg wiegt auf der Erde 10 N.




Die 100 g einer Schokolade wiegen auf der Erde etwa 1 N!

Die Kraft, die ein Auto bei der Beschleunigung entwickeln kann, hängt von seiner Leistung ab. Aus der Bewegungsgleichung siehst du, dass die Beschleunigung eines Gegenstandes bei gleicher einwirkender Kraft von der Masse abhängt, weil $a = F/m$. Das ist ja sehr einleuchtend: Wenn das Auto stärker beladen ist, dann ist es nicht mehr so spritzig (blaue Kurve in F8). Die waagrechten Stellen im Verlauf der Kurven sind ein guter Beleg für das Trägheitsgesetz: Während des Schaltens ist das Auto unbeschleunigt und die Geschwindigkeit ändert sich dann nicht. Du siehst jeweils 4 Schaltvorgänge, also hat dieses Auto 5 Gänge.

Die Mondmissionen der NASA hießen Apollo und die Trägerrakete Saturn V (folgende Abb.). Diese sind mit ihren 110 m Höhe bis heute die größten Raketen der Welt! Beim Start treten zwei Beschleunigungen auf: die Erdbeschleunigung zeigt nach unten, und die Raketenbeschleunigung nach oben (Abb. rechts). Damit die Rakete von der Rampe wegkommt, muss die Erdbeschleunigung übertroffen werden, die Raketenbeschleunigung muss also größer als 10 m/s² sein. Sonst: Nur heiße Luft!

Die Saturn V hatte beim Start eine Beschleunigung von 11,5 m/s². Zieht man die Erdbeschleunigung ab, macht das also eine Nettobeschleunigung von 1,5 m/s² nach oben. Das ist überraschend wenig, aber für einen kontrollierten Start gerade richtig. Pro Sekunde verbraucht die Rakete 14 Tonnen Treibstoff! Dadurch verringert sich ihre Masse und bei gleicher Schubkraft steigt die Beschleunigung ($a \uparrow = F/m \downarrow $).




Start einer Saturn-V-Rakete und auftretende Beschleunigungen.

Nach Ausbrennen der ersten Stufe lag diese bei knapp 30 m/s²2 (3g), was gemeinsam mit der Schwerkraft eine Belastung von etwa 4g ergibt. Um das auszuhalten, mussten die Astronauten vorher in die Zentrifuge.




Astronauten-Zentrifuge zum Simulieren der Beschleunigungen beim Start. Mit solchen Dingern können bis 10 g erreicht werden!

Ein bisschen Gefühl vom Raketenstart kann man auch auf dem Rummelplatz erleben. Der Spaceshot im Wiener Prater erzeugt zum Beispiel bei voller Stufe in Summe über 5 g, allerdings nur etwa 1,5 Sekunden lang .




Der Spaceshot (links) im Wiener Prater

Die Saturn-Rakete hatte 3 Stufen. Warum? Eine ausgebrannte Stufe ist nutzloser Ballast. Durch das Abwerfen verringert sich die Raketenmasse, und die Beschleunigung wird größer. Wäre die Rakete einstufig, dann könnte man mit ihr niemals den Mond erreichen.

Noch eine Bemerkung zum Schluss: Eigentlich brauchte man den Trägheitssatz gar nicht extra, weil er in der Bewegungsgleichung drinnen steckt. Wenn nämlich $\vec F = 0$ ist, dann wird auch $\vec a = 0$. Und genau das beschreibt ja der Trägheitssatz: Wenn keine Kräfte auftreten, gibt es keine Beschleunigungen.

Zusammenfassung

Den Zusammenhang Kraft = Masse mal Beschleunigung nennt man die Bewegungsgleichung. Mit ihr lassen sich alle Bewegungen berechnen, egal ob es sich um Planeten, Weltraumraketen oder F1-Autos handelt. Diese Gleichung hat das Weltbild verändert und ist eine der wichtigsten in der Mechanik.