Stromfluss durch den Körper kann tödlich sein. Andererseits schickt man aber unter bestimmten Umständen absichtlich dosierte Ströme durch den Körper. Darum geht es in diesem Abschnitt.
Warum ist Strom für den Menschen gefährlich (F4)? Erstens kann es zu Verbrennungen der Haut kommen. Wesentlich drastischer ist aber die Tatsache, dass der künstliche Stromfluss unsere natürlichen Stromflüsse im Körper vollkommen durcheinander bringt. Wenn bei einer Muskelfaser das Aktionspotenzial ausgelöst wird, dann zieht sie sich zusammen. Deshalb werden manchmal Menschen, die in den Stromkreis geraten, weggeschleudert, weil sich ihre Beinmuskeln unkontrolliert zusammenziehen oder sie können den Leiter aufgrund eines Muskelkrampfes gar nicht mehr loslassen.
Das mit Abstand am meisten gefährdete Organ ist der Herzmuskel. Bereits bei einem Fluss von 50 bis 100 mA durch den Körper (rund 1/1000 fließt davon durchs Herz) können die natürlichen Schrittmacher im Herz aus dem Rhythmus kommen (Abb. 25.3). Besonders groß ist dabei die Gefahr bei Wechselstrom, wie er im Haushaltsnetz vorkommt, weil bei diesem die angelegte Spannung 100-mal pro Sekunde umgepolt wird. Das kann Herzflimmern verursachen. Dabei ziehen sich die verschiedenen Gebiete des Herzmuskels völlig unkontrolliert zusammen und es wird kein Blut mehr transportiert (Abb. 25.5 c). Herzflimmern ist die häufigste Todesursache bei Elektrounfällen.
Ironischer Weise kann man in diesem Fall das Herz meistens durch einen gezielten Gleichstromstoß wieder zum normalen Schlagen bringen (F7). Warum? Die Muskelfasern brauchen nach jedem Zusammenziehen eine kurze Pause. Durch den Stromstoß ziehen sich alle Herzmuskelfasern gleichzeitig zusammen, werden quasi „auf null gestellt“, und das Flimmern hört auf. Seit 2002 ist in Österreich der Einsatz von Defibrilla-toren auch durch Laien gestattet. Beim Herzschrittmacher arbeitet man ebenfalls mit gezielten, allerdings viel geringeren künstlichen Stromstößen.
Der Mensch ist kein Stück Draht und sein Körperwiderstand von extrem vielen Faktoren abhängig. Je höher die angelegte Spannung, je größer die Kontaktfläche mit dem Leiter und je länger die Dauer des Stromflusses, desto kleiner ist der Körperwiderstand. Außerdem sinkt der Widerstand ab, wenn die Haut feucht ist (F6). Deshalb ist es besonders gefährlich, elektrische Geräte oder Schalter mit nassen Händen zu berühren. Auf der anderen Seite macht man sich gerade diesen Umstand beim Lügendetektor zu Nutze.