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Zeitveränderungen im Gravitationsfeld

Auch im Rahmen der ART gehen Uhren nicht immer gleich schnell. Es hängt davon ab, ob sie sich in ihrer Nähe einer Masse befinden oder nicht.

Aus der Frequenzverschiebung von Licht durch Aufoder Absteigen im Gravitationsfeld folgt eine faszinierende Tatsache über den Gang von Uhren. Konstruieren wir in Gedanken eine Uhr, die von einem einfarbigen Lichtstrahl gesteuert wird. Nimm an, das Licht ist gelb und hat eine Frequenz von $5\cdot 10^{14}$ Hz. Nach dieser Anzahl von Schwingungen springt der Zeiger um eine Sekunde weiter. Eine Atomuhr funktioniert ganz ähnlich. Verknüpfen wir das nun mit der Frequenzverschiebung im Gravitationsfeld.

Person B sieht auf A hinunter (F13). Der Lichtstrahl von A ist rotverschoben, die Frequenz also gesunken. Seinen eigenen Lichtstrahl sieht B normal. Weil die Uhren von den Lichtstrahlen gesteuert werden, sieht B somit die Uhr von A langsamer gehen als seine eigene und sagt „Deine Uhr geht langsamer!“ (folgende Abb.). Wie ist es umgekehrt? A sieht zu B hinauf. Der Lichtstrahl von B ist blauverschoben und die Frequenz gestiegen. A sieht die Uhr von B schneller gehen als seine eigene und sagt „Deine Uhr geht schneller!“ Der Effekt ist also nicht symmetrisch wie bei der Zeitdilatation. Man kann qualitativ festhalten: Uhren in der Nähe einer Masse ,gehen langsamer. Das ist schon irgendwie verblüffend!?


In der Nähe einer Masse gehen Uhren langsamer.

Ausgehend von der Frequenzverschiebung im Gravitationsfeld können wir die Zeitveränderung von Uhren auch quantitativ ableiten. Man kann wiederum eine Gleichung für das homogene Gravitationsfeld der Erde aufstellen. Dann lässt sich berechnen, um wie viel eine Uhr schneller geht, wenn du sie um eine gewisse Höhe hebst. Die Gleichung für den allgemeinen Fall gibt den Gang einer Uhr auf der Oberfläche einer Zentralmasse im Vergleich mit einer Uhr im Unendlichen an.

Gravitative Zeitveränderung im homogenen Erdschwerefeld: $T_A = T_B \cdot (1\pm \frac{g H}{c^2})$
$g$ … Erdbeschleunigung 9,81 m/s²
$H$ … Hebehöhe
$c$ … Lichtgeschwindigkeit
$T_A$ und $T_B$ … Zeit, die in der unteren und oberen Uhr vergeht
Gravitative Zeitveränderung im inhomogenen Feld einer beliebigen Zentralmasse: $T_A = T_B \cdot (1\pm \frac{G M}{c^2 r})$
$G$ … Gravitationskonstante ($6,673\cdot 10^{-11}$ Nm²/kg²)
$M$ … Zentralmasse
$r$ … Radius der Zentralmasse
$T_A$ und $T_B$ … Zeit, die in der unteren und oberen Uhr vergeht

Daraus folgt zum Beispiel, dass deine Füße langsamer altern als dein Kopf!!! Der Zeitunterschied liegt aber über dein ganzes Leben gesehen nur in der Größenordnung von weniger als einer Mikrosekunde. Und wenn du am Meer wohnst, alterst du im Laufe deines Lebens etwa eine Millisekunde langsamer als jemand auf der Alm. Das kann man natürlich nicht merken. Es gibt aber eine inzwischen verbreitete Alltagstechnik, bei der dieser Effekt deutlich wird, nämlich beim Global Positioning System (GPS; F14 ).

Knapp 30 Satelliten mit Atomuhren an Bord umkreisen die Erde und funken ihre Zeit. Weil sie von dir unterschiedlich weit weg sind, dauern die Laufzeiten verschieden lang. Dein GPS-Gerät empfängt daher leicht verschiedene Zeitangaben. Daraus rekonstruiert es zunächst den Abstand zu den Satelliten und dann die Position auf der Erde auf wenige Meter genau. Im Rahmen der Relativitätstheorie gehen aber die Satelliten- uhren etwas zu schnell. Ohne relativistische Korrektur würde dadurch eine Ungenauigkeit von 500 m pro Stunde entstehen, und du würdest vielleicht in einem Gestrüpp landen oder in einer Sackgasse!


Die Bahnen von zwei GPS-Satelliten.


Zusammenfassung

In der Nähe von Massen gehen Uhren langsamer. Im Alltag ist der Effekt nicht relevant, aber GPS wäre ohne relativistische Korrektur eine sinnlose Technik.