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Die enorme Energie, die in den Atomkernen steckt, kann leider auch dazu genutzt werden, um verheerende Waffen zu bauen.
Kernwaffen, auch als Nuklearwaffen oder nicht ganz korrekt als Atomwaffen bezeichnet, beziehen ihre unglaubliche Explosionsenergie aus einer Kettenreaktion. Im Prinzip löst man in einer Kernwaffe das aus, was man in einem Atomkraftwerk unbedingt verhindern will, nämlich eine nicht mehr zu stoppende Kernspaltungsreaktion mit einem Multiplikationsfaktor über 1.
Nehmen wir U-235. Bei diesem werden bei der Kernspaltung im Schnitt 2,4 Neutronen frei (Abb.). Bei einer kleinen Uranmenge erreichen die meisten Neutronen die Außenflächen, bevor sie eine weitere Kernspaltung auslösen. Der Multiplikationsfaktor k liegt dann unter 1. Wenn man die Menge vergrößert, wird der Weg der Neutronen an die Oberfläche länger. Irgendwann überschreitet man die so genannte kritische Masse. Dann lösen mehr als 42% der entstehenden Neutronen eine neue Kernspaltung aus (also `k > 2,4\cdot 0,42 = 1`), und eine Kettenreaktion läuft ab.
| Kleinste kritische Massen bei Kugelform. Wird diese Menge überschritten, kommt es zur Kettenreaktion. |
Die Bauweisen der Kernwaffen sind unterschiedlich, aber das Prinzip ist immer dasselbe. Das spaltbare Material ist so aufgeteilt, dass es eine unterkritische Masse besitzt. Durch einen herkömmlichen Sprengsatz werden die Teile aufeinander geschossen. Die Masse wird überkritisch und explodiert wegen der ablaufenden Kettenreaktion.
| Schematische Darstellung der Hiroshima-Bombe. Sie enthielt in Summe etwa 51 kg U-235. |
| Die Hiroshima-Bombe hatte den Spitznamen „Little Boy“. Angesichts der Tatsache, dass durch den Abwurf etwa 150.000 Menschen starben, ist das mehr als nur zynisch! |
TNT oder Trinitrotoluol ist ein herkömmlicher Sprengstoff. Um die Sprengkraft diverser Bomben vergleichen zu können, gibt man an, wie viel TNT dieselbe Wirkung erzielen würde. Das nennt man das TNT-Äquivalent. Bei Kernbomben wird unglaubliche Energie innerhalb kürzester Zeit frei. Das führt zu Temperaturen von über 100 Millionen Kelvin. Außerdem kommt es zu einer starken Druckwelle, zu ionisierender Direktstrahlung und zu radioaktiven Rückständen, dem Fallout. Letzteres macht die besondere Gefährlichkeit von Kernwaffen aus, da diese Wirkung nicht auf den Moment der Explosion begrenzt ist, sondern Jahre oder sogar Jahrtausende andauern kann.
| Beispiele für freigesetzte Energien bei verschiedenen Kernbomben. 1 kT TNT entspricht `4,2\cdot 10^{12}` J. Ein Kubikmeter TNT hat eine Masse von 1650 kg. |
Eine Weiterentwicklung im Arsenal des Schreckens ist die Wasserstoffbombe, eine Fusionsbombe. In dieser wird zuerst eine Kernspaltungsbombe gezündet. Die dabei entstehende Hitze führt zur Fusion von Deuterium- und Tritiumkernen, die sich in einem Extratank befinden und deren Sprengkraft die einer reinen Spaltungsbombe weit übersteigt. Die stärkste jemals gezündete Wasserstoffbombe war die russische Zar-Bombe. Sie setzte bei der Explosion so viel Energie frei, dass man Österreich damit ein Viertel Jahr versorgen könnte. Die Sprengkraft ist mit einem TNT-Würfel mit einer Seitenlänge von 326 m vergleichbar (siehe vorhergehende Tabelle)!
| Explosion der ersten Wasserstoffbombe „Ivy Mike“ in einem Atoll 1952. Die Bombe hatte eine Sprengkraft von 10,4 Megatonnen. |
Zusammenfassung
Um die verheerende Wirkung von Kernwaffen zu erzielen, nutzt man Kernspaltung und/oder Kernfusion aus, die man in überkritischen Kettenreaktionen ablaufen lässt.