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Die Heisenberg'sche Unschärferelation

Einzelspalt 1

Eine Möglichkeit, die Unschärferelation qualitativ herzuleiten, ist die klassische Version mit Hilfe eines Einzelspalts, durch den du ein Quant schickst. In dem Moment, wenn das Quant den Spalt passiert, kannst du den Ort bestimmen. $\Delta$ kann man also Schwankung um einen Mittelwert auffassen. Die Spaltbreite entspricht daher $±\Delta x$ bzw. $2\Delta x$ (folgende Abb.), also der doppelten Ortsunschärfe. Je geringer diese ausfallen soll, desto kleiner musst du logischer Weise den Spalt machen.




Je enger der Spalt wird, desto kleiner wird die Ortsunschärfe $\Delta x$ (von a nach c). Gleichzeitig wird aber die Impulsunschärfe $\Delta p$ größer. Das kannst du am Auseinanderlaufen der Helligkeitsverteilung am Schirm erkennen.

Weil das Verhalten des Quants durch die zugehörige Wahrscheinlichkeitswelle bestimmt wird, erfolgt beim Durchgang Beugung. Diese Beugung fällt umso stärker aus, je enger der Spalt ist (F21). Mit dem Verkleinern des Spaltes wächst also die Impulsunschärfe $\Delta p$. Das bedeutet: Je kleiner die Ortsunschärfe $\Delta x$ wird, desto größer wird die Impulsunschärfe $\Delta p$ und umgekehrt. Es können aber nicht beide Unscharfen gleichzeitig verkleinert werden.



Einzelspalt 2

Exakt lässt sich Unschärferelation nur mit Hilfe der Wellengleichung herleiten. Es gibt aber eine einfache Herleitung, die zumindest auf eine Größenordnung genau ist. Wir nehmen an, dass der Großteil der Teilchen zwischen den beiden ersten Beugungsminima auftrifft. Der Spalt soll die Breite $d = 2\Delta x$ haben. In der Literatur findest du, dass der Winkel, unter dem das erste Beugungsminimum auftritt, durch $\sin \alpha = \frac{\lambda}{d}= \frac{\lambda}{2 \Delta x}$ gegeben ist.

Nach dem Durchgang durch den Spalt ist der Impuls in x-Richtung $p_x = 0 ± \Delta p_x$. Weites gilt $\tan \alpha = \frac{\Delta p_x}{p}$. Weil für kleine Winkel $\sin \alpha \approx \tan \alpha$ gilt, folgt daraus $\frac{\lambda}{2\Delta x} \approx \frac{\Delta p_x}{p_y}$.

Nun ist aber der Impuls eines Quants $p = \frac{h}{\lambda}$. Daher gilt $\frac{\lambda}{2 \Delta x} \approx \frac{\Delta p_x \lambda}{h}$ und daraus folgt $\Delta x \cdot \Delta p_x \approx \frac{h}{2}$.

Diese Gleichung stimmt immerhin bis auf einen Faktor $2\pi$ mit der exakten Formulierung der Unschärferelation überein.



Frequenzunschärfe

Um die nachfolgenden Überlegungen zu verstehen, musst du dir in Erinnerung rufen, dass der Impuls eines Quants $p = h/λ$ ist. Für ein Photon gilt außerdem $c = f\cdot λ$. Man kann daher für dem Impuls auch $p = (h\cdot f)/c$ schreiben. Der Impuls eines Photons ist also proportional zu seiner Frequenz.

Versuchen wir jetzt, ein einzelnes Photon mit einer Wellenfunktion zu beschreiben. Man könnte dazu eine Sinuswelle nehmen, deren Länge genau der Wellenlänge des Photons entspricht. Dann hat man die Frequenz exakt beschrieben. Der Nachteil daran ist, dass nun der Ort völlig unbestimmt ist, denn eine Sinuswelle hat weder Anfang noch Ende.




Eine einzelne Sinuswelle hat mathematisch gesehen weder Anfang noch Ende.

Nun gibt es aber einen mathematischen Trick, den man Fourier-Synthese nennt. Dabei überlagert man viele Wellen unterschiedlicher Frequenz und Amplitude und bekommt eine Welle mit endlicher Ausdehnung. Je enger man den Ort eingrenzen möchte, desto mehr Wellen mit unterschiedlicher Frequenz muss man überlagern. Das erhöht natürlich die Frequenz- und somit auch die Impulsunschärfe.




Durch eine Fourier-Synthese kann man eine Welle erzeugen, die eine endliche Ausdehnung hat.

Du siehst also das Dilemma! Wenn du die Ortsunschärfe Δx gering halten möchtest, dann vergrößerst du damit die Impulsunschärfe Δp und umgekehrt. Du siehst, dass es sich hier um ein rein mathematisches Problem handelt, da ja keine Messung vorgenommen wird. Die Unscharfe ist eine direkte Folge der Welleneigenschaft!



Voyager und Elektron

Der Begriff „Bahn„ bedeutet, dass man Ort und Impuls eines Objekts gleichzeitig exakt bestimmen und die weitere Bewegung vorausberechnen kann. Bei großen Dingen ist das im Prinzip immer möglich. Man kann zum Beispiel schon heute Sonnen- und Mondesfinsternisse für die nächsten Jahrhunderte sekundengenau vorausberechnen. So weiß man zum Beispiel schon jetzt, dass am 24. Jänner 3098 eine ringförmige Sonnenfinsternis stattfindet, die genau 12 Minuten und 5 Sekunden dauern wird. Ein sehr beeindruckendes Beispiel für die Bahnberechnung eines künstlichen Objekts findet man bei den Voyager-Missionen. Voyager 2 wurde im August 1977 gestartet und flog rund 12 Jahre später, wie geplant knapp am Neptun vorbei.




Die Bahnen der beiden Voyager-Sonden. Die Sonden verfügen zwar über Düsen, aber mit diesen sind nur kleine Kurskorrekturen möglich.

In der Quantenmechanik sind solche Voraussagen auf Grund der Unscharfe unmöglich. Vergleichen wir dazu die Voyager (Masse rund `10^3` kg) mit einem Elektron (Masse rund `10^{-30}` kg). Beide sollen eine Geschwindigkeit von 10 km/s (also `10^4` m/s) haben. Formen wir die Unschärferelation etwas um:

$\Delta p \cdot \Delta x = m \Delta v \cdot \Delta x \geq \frac{h}{4 \pi} \Leftrightarrow \Delta v \geq \frac{h}{4\pi m\Delta x}$

Nehmen wir jetzt an, dass wir den Ort des Elektrons bzw. den Schwerpunkt der Voyager auf 1 mm ($10^{-3}$ m) genau bestimmen können. Für ein Quant ist das sogar eine sehr unexakte Ortsbestimmung. Für die Geschwindigkeitsunschärfe Avergeben sich für die Voyager dann `5\cdot 10^{-35}` m/s - das ist zu vernachlässigen. Das Elektron hat aber ein `\Delta v` von `5\cdot 10^{-2}` m/s, also von 5 cm/s (rechne nach!). Es wäre also bereits theoretisch unmöglich, ein Elektron mit dieser Geschwindigkeitsunschärfe zum Neptun zu schießen. Bereits nach 20 Sekunden könnte das Elektron 1 m von der Bahn abweichen, nach 12 Jahren wären es bis zu `2\cdot 10^7` m, also 20 Millionen Meter!



Der Heisenberg-Kompensator

Beim Beamen wird der Menschen zuerst exakt gescannt und dann aufgelöst (dematerialisiert). Diese Informationen werden mit einem Transporterstrahl zum Zielort geschickt (engl. „beam“ bedeutet Strahl), wo der Mensch wieder zusammengesetzt wird (rematerialisiert). Da die Abtastung völlig exakt sein muss, kommt man in die extrem kleinen Dimensionen der Quantenwelt. Und genau das schafft ein Problem (F22). Darauf machte der Physiker Stephen Hawking die Produzenten nach einem Gastauftritt in einer Star-Trek-Folge aufmerksam: Das quantengenaue Abtasten wird durch die Heisenberg'sche Unschärferelation verhindert.




Beim Beamen gibt es ein Abtastproblem, das durch die Gesetze der Quantenmechanik verursacht wird.

Also „erfand„ man den „Heisenberg-Kompensator“, der diese Messprobleme ausgleicht. Auf die Frage, wie denn dieser funktioniere, antwortete der Star-Trek-Erfinder Gene Roddenberry trocken: „Danke, gut!„ (Anm.: Natürlich ist der „Heisenberg-Kompensator“ eine reine Fiktion. Solltest du ihn eines Tages erfinden, ist dir der Nobelpreis sicher!)



Fluktuierendes Nichts

Auch der Energiesatz ist aus quantenmechanischer Sicht unscharf und das Vakuum ist kein echtes Vakuum. Die Unschärferelation für Energie und Zeit lässt nämlich zu, dass wirklich aus dem Nichts ein Teilchen-Antiteilchen-Paar entsteht und kurze Zeit später wieder zu Energie zerstrahlt. Es wird zuerst quasi Energie „ausgeliehen„ und dann wieder „zurückgezahlt“. Weil die Teilchen nur sehr kurz existieren, nennt man sie auch virtuelle Teilchen.




Das Vakuum ist niemals „leer„. Pausenlos entstehen Teilchen-Antiteilchenpaare, die nach Sekundenbruchteilen wieder zerstrahlen.

Wie lange leben sie?

Nehmen wir ein Elektron und sein Antiteilchen, ein Positron. Sie haben gemeinsam eine Masse von rund `2\cdot 10^{-30}` kg. Nach der berühmten Gleichung `E = m c^2` muss eine Energie von `2\cdot 10^{-13}` J ausgeliehen werden. Für Ar ergibt sich dann eine Zeit in der Größenordnung von `10^{-22}` Sekunden. Das ist wirklich seeehr kurz. Selbst mit Lichtgeschwindigkeit würden die Teilchen nur rund `10^{-12}` m weit kommen. Das ist weit weniger als ein Atomdurchmesser (`10^{-10}` m).