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Elektronenspin und Pauli-Verbot

Zeeman-Effekt

Welche Licht-Frequenzen ein Atom aussendet, hängt von der Differenz der Energieniveaus bei den Quantensprüngen ab (siehe Kap. 28.1). Bereits 1896 beobachtete der Holländer Pieter Zeeman, dass sich die Linien eines Spektrums noch weiter aufspalten lassen, wenn sich die Atome in einem Magnetfeld befinden (siehe Abb. 27.21). Deshalb wusste man auch schon vor 1900, dass die Sonne ein Magnetfeld haben muss: weil Spektrallinien aufgespalten sind (F15)!




Schematische Darstellung der Aufspaltung einer einzelnen Linie durch das Anlegen eines äußeren Magnetfeldes.

Manche dieser Aufspaltungen konnte man lange Zeit nicht erklären. Erst Wolfgang Pauli zeigt 1925 auf theoretischem Weg, dass man alle Fälle von Aufspaltungen erklären kann, wenn man annimmt, dass Elektronen eine Eigendrehung, also einen Spin besitzen. Dadurch werden sie salopp gesagt zu kleinen Stabmagneten, die vom äußeren Magnetfeld beeinflusst werden.



Spin und Spinquantenzahl

Nehmen wir als Beispiel ein Elektron her. Man kann diesem einen Eigendrehimpuls von `±1/2`$\hbar$ zuordnen, $\hbar$ (man spricht es „h quer“ aus) ist dabei `h/{2\pi}`. Sowohl `h` als auch $\hbar$ haben die Einheit Js. Die Einheit Js ist aber wiederum auch die Einheit des Drehimpulses (F14).

Es gibt also eine Eigenschaft der Elektronen (und auch aller anderen Quanten), die man mit derselben Einheit beschreiben kann wie einen Drehimpuls. Und daher kommt eben auch der Begriff Spin. Was man sich aber darunter vorstellen soll, das weiß niemand.

Die Zahl vor dem $\hbar$ nennt man auch die Spinquantenzahl. Oft lässt man das $\hbar$ weg und sagt nur, dass ein Elektron den Spin `+1/2` oder `-1/2` haben kann. Der Spin wird durch einen Vektor beschrieben. Wenn man bei einem Vektor das Vorzeichen ändert, dann zeigt er in die andere Richtung. Daher sagt man auch, ein Elektron hat entweder Spin up oder Spin down.

Was wäre, wenn es das Pauli-Verbot nicht gäbe? Dann würden sich alle Elektronen immer auf einer Schale befinden, also im niedrigsten Energiezustand. Uran zum Beispiel, das schwerste natürliche Element, hätte dann alle seine 92 Elektronen auf einer Schale. Die Elemente würden sich dann chemisch ganz ähnlich wie der Wasserstoff verhalten und ihre typischen Eigenschaften verlieren. Alle Atome könnten sich dann mit allen Atomen verbinden, und die Größe von Molekülen wäre nach oben hin nicht begrenzt.



Fermionen und Bosonen

Heute wissen wir, dass man alle Quanten nach ihrem Spin in zwei Gruppen einteilen kann: Fermionen besitzen einen halbzahligen, Bosonen einen ganzzahligen Spin (s). Das Pauli-Verbot gilt nur für Fermionen. Zu den Fermionen zählen unter anderem die Elektronen (s = `1/2`). Die „berühmtesten“ Bosonen sind Lichtteilchen, also Photonen (s = 1). Weil für Photonen das Pauli-Verbot nicht gilt, können sich beliebig viele Lichtteilchen an einem Ort befinden. Das ist gut so, denn sonst könnte man Lichtstrahlen gar nicht beliebig hell machen!

Auch ganze Atome wirken nach außen hin entweder bosonisch oderfermionisch. Bei ersteren ergibt die Summe aller Spins einen ganzzahligen Gesamtspin, und für diese Atome gilt das Pauli-Verbot daher nicht. Wenn man solche Stoffe auf unter `10^{-6}` Kelvin abkühlt, dann entsteht eine neue, exotische Materie: das Bose-Einstein-Kondensat. Dabei vereinigen sich alle beteiligten Teilchen zu einem einzigen Superteilchen und es wird völlig unmöglich, die einzelnen Atome voneinander zu unterscheiden.




Entstehung eines Bose-Einstein-Kondensats. Auf der senkrechten Achse ist die Anzahl der Teilchen eingezeichnet. Deren Konzentration nimmt mit der Zeit zu (von links nach rechts).