In diesem letzten Abschnitt wenden wir den Energiesatz auf den Menschen an. Schließlich wurde er ja auch am Menschen entdeckt.
Warum ist das Halten eines schweren Gegenstandes so anstrengend, wenn dabei doch - scheinbar - gar keine Arbeit verrichtet wird (F220)? Um das zu verstehen, muss man sich die Arbeitsweise eines Muskels ansehen. Auf unterster Ebene besteht dieser aus zwei Arten von Eiweißfäden . Entwickelt der Muskel Kraft, dann heften sich die Myosinköpfchen an das Aktin und kippen um. Dieser Vorgang läuft bis zu 50-mal pro Sekunde ab, und dazu wird chemische Energie benötigt. Wenn die äußere Kraft geringer ist, zieht sich der Muskel zusammen. Ist sie gleich groß wie die Muskelkraft, dann bewegt sich von außen gesehen nichts - eben beim Halten eines Gegenstandes. Aber innen drinnen ist jede Menge Bewegung. Also benötigt auch der Muskel beim Halten ständig chemische Energie. Der Energiesatz ist erfüllt!
| Links: Auf unterster Ebene besteht ein Muskel aus den Eiweißfäden Aktin und Myosin. Rechts: So funktioniert die Muskelkontraktion. |
Wohin „verschwindet“ aber die chemische Energie, wenn nichts gehoben oder beschleunigt wird? Sie wird in Wärme umgewandelt. Und hier sind wir bei einem ganz wichtigen Punkt: Ein großer Teil der chemischen Energie im Muskel geht in Form von Wärme verloren. Das ist der Grund, warum uns beim Sport warm wird (F21). Beim Halten gehen sogar 100% der Energie als Wärme verloren.
Diesen Wärmeverlust muss man bei allen Berechnungen in die Energiebilanz mit einbeziehen. Wenn eine Person mit 100 kg eine 10 m hohe Treppe hinaufsteigt, dann erhöht sich die Lagenenergie um 10 kJ. Das ist aber die Nettoenergie, also das, was letztlich im System drinnen steckt. Es geht beim Steigen aber viel Wärme verloren. Die Bruttoenergie, die diese Person aufwenden muss, ist etwa 5-mal so groß! Der Zusammenhang zwischen Netto- und Bruttoenergie wird durch den Wirkungsgrad beschrieben.
| Wirkungsgrad $\eta = \frac{Nettoenergie E_N}{Bruttoenergie E_B}$ | |
|---|---|
| $[\eta]$ = 1J/J = 1, wird oft in % angegeben | |
| Wirkungsgrad bei verschiedenen Energieumwandlungen. |
Der Wirkungsgrad hängt stark von der Art der Betätigung ab und kann auch extrem niedrig sein. Bei Dauerleistungen liegt er meistens bei 15 bis 25%. Sogar im besten Fall gehen also % der Energie in Form von Wärme verloren. Die „Maschine Mensch“ ist also nicht ganz so wirkungsvoll wie ein Automotor. Für den Treppensteiger bedeutet das: Um 10 kJ rauszukriegen (Nettoenergie), muss er rund 50 kJ an chemischer Energie investieren (Bruttoenergie)! 40 kJ gehen in Form von Wärme verloren!
Manche Leute behaupten, dass sie allein der Blick auf eine Sachertore bereits zunehmen lässt. Eine sehr kühne Behauptung, weil das den Energiesatz verletzen würde. Generell wird beim Thema Abnehmen gelogen, dass sich die stärksten Balken biegen. Kein Wunder, weil sich auf diese Art und Weise enorm viel Geld verdienen lässt. Die Physik kann hier ein paar Dinge richtig stellen!
Auch beim Ab- und Zunehmen gilt natürlich der Energiesatz. Du nimmst jeden Tag Nährstoffe in Form von Eiweiß, Fett und Kohlenhydraten auf (das ist der Input). Diese werden im Körper gespeichert und enthalten chemische Energie. Auf der anderen Seite gibt dein Körper jeden Tag Energie in Form von Bewegung und Wärme ab (das ist der Output). Wenn Input und Output einander die Waage halten, dann bleibt auch deine Masse gleich groß (Abb. 9.39). Wenn der Input größer ist, dann nimmst du zu, wenn der Output größer ist, ab.
Sehen wir uns den Output näher an. Auch wenn du den ganzen Tag im Bett liegen bleibst, benötigt dein Körper Energie. Das nennt man den Grundumsatz. Ein großer Teil davon wird aufgewendet, um die Körpertemperatur konstant zu halten (siehe Kap. 9.6). Außerdem müssen alle Organe mit Energie versorgt werden.
| Wenn Input und Output einander die Waage halten, dann bleibt dein Gewicht gleich. |
Und dann gibt es den Leistungsumsatz. Damit ist die Energie gemeint, die die Muskeln zum Zusammenziehen benötigen. Grundumsatz und Leistungsumsatz gemeinsam machen den Tagesenergiebedarf aus. Dieser ist natürlich von vielen Faktoren abhängig (Alter, Geschlecht, Masse, Außentemperatur und Arbeit). Ein Richtwert für den Tagesbedarf sind 10.000 kJ.
Und nun zum Input. Wie viel Energie die Nährstoffe liefern, kannst du in Tabelle 9.3 sehen. Du siehst, dass vor allem Fette einen sehr hohen Energiegehalt haben. Wenn von „Gewichtsabnahme“ die Rede ist, dann ist immer das Fett gemeint. Niemand will Muskelmasse verlieren. Ein Kilogramm Fett hat über den Daumen 40.000 kJ. Was also tun, um 1 kg abzunehmen?
| Energiegehalt verschiedenen Nährstoffe. |
Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Den Input verringern, also weniger essen, und/oder den Output erhöhen, also Sport machen. Nehmen wir einmal an, du reduzierst den Input auf null, also Nulldiät eben. Die 10.000 kJ an Energie, die du pro Tag benötigst, holt sich der Körper aus den Fettpolstern. Sogar in diesem Extremfall dauert es 4 Tage, bis 40.000 kJ und somit 1 kg Fett weg sind (F23). Wahrscheinlich aber drosselt der Körper den Grundumsatz. Dann dauert es noch länger, und außerdem ist dir kalt und du bist grantig.
Wie ist es mit Sport? Für das Laufen gibt es eine ganz einfache Faustregel: Pro Kilometer und pro Kilogramm braucht man rund 4 kJ. Eine Person mit 60 kg braucht dann pro Kilometer 240 kJ. Trübe Aussichten: Um 1 kg Fett abzunehmen, muss sie fast 170 km laufen - natürlich nicht auf einmal (siehe auch folgende Tabelle).
| Energieumsatz bei verschiedenen Betätigungen und wie viele Stunden man braucht, um 40.000 kJ bzw. ein kg Fett zu verbrennen. |
Noch 2 wichtige Dinge: Wunderkuren, bei denen man angeblich mehrere Kilogramm in einer Woche verliert, basieren hauptsächlich auf Flüssigkeitsverlusten. Auch durch Sport oder Sauna kann man sehr leicht „abnehmen“. Wasserverluste führen aber zu einer Eindickung des Blutes und sind somit sehr gefährlich. Und das Tempo beim Sport ist egal, es kommt auf den Energieumsatz an! Also es muss nicht „Fatburning“ sein. Allerdings: Wer intensiv Sport macht, verbraucht eher Kohlenhydrate und bekommt leichter Hunger.
Zusammenfassung
Der Wirkungsgrad gibt an, wie viel Energie in Form von Wärme bei einem Arbeitsvorgang verloren geht. Die Masse des Menschen wird über Energieinput und Output bestimmt. Um abzunehmen, muss der Output über dem Input liegen.