Die Rotationsbewegung

Ein Rad ist ein starrer Körper, der sich um eine feste Achse dreht. Man beobachtet dabei, dass die Bahnen aller seiner materiellen Punkte konzentrische Kreise sind, deren gemeinsamer Mittelpunkt auf der Achse liegt. Wie man die Bewegung auf einem Kreis beschreiben kann, haben wir bereits auf Seite 46 kennen gelernt und können nun einige Begriffe für die Rotation eines starren Körpers übernehmen.

Winkelgeschwindigkeit und Winkelbeschleunigung

Ebene Rotationsbewegung

Die Abbildung zeigt einen starren Körper, der sich in der Papierebene um die Achse A dreht. Die materiellen Punkte des starren Körpers umlaufen die Achse umso schneller, je größer ihr Bahnradius ist. Der Winkel dagegen, der von den einzelnen Punkten auf dem Radius in einem bestimmten Zeitabschnitt überstrichen wird, ist für alle materiellen Punkte der gleiche. Der Winkel im Bogenmaß, um den sich der starre Körper während einer Sekunde dreht, ist daher ein gutes Maß für die Schnelligkeit der Rotationsbewegung.

Um endlich auch noch die Richtung festzulegen, in welcher der starre Körper um seine Achse rotiert, stellt man die Winkelgeschwindigkeit als Vektor dar und legt sie so in die Drehachse, wie sich ein mit dem Körper rotierender Korkenzieher verschieben würde.

Winkelgeschwindigkeit

`\text{Winkelgeschwindigkeit} = (\text{durchlaufener Winkel})/(\text{verstrichene Zeit})`

`\omega = (\Delta \phi)/(\Delta t)`

Einheit: `s^(-1)`

Die Winkelgeschwindigkeit ist ein Vektor. Die Richtung von `\vec \omega` fällt mit der Drehachse zusammen und wird durch die Korkenzieher-Regel festgelegt.

EXP Bahn- und Winkelgeschwindigkeit bei einer Drehscheibe

Stellen Sie eine Pappscheibe her, die Sie mit Zeitungspapier bekleben. Lassen Sie die Scheibe rotieren und beobachten Sie die Schrift. Was stellen Sie fest? Erklären Sie das Phänomen!

EXP Bahn- und Winkelgeschwindigkeit bei einem Rad

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Stellen Sie ein Fahrrad auf Sattel und Lenkstange und drehen Sie die Kurbel möglichst mit konstanter Drehzahl. Bekleben Sie die Speichen dicht an der Nabe und dicht an den Felgen mit großen Buchstaben. Was stellen Sie beim Drehen fest? Erläutern Sie Ihre Beobachtung!

ABB Winkelgeschwindigkeit der Erde

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Die Winkelgeschwindigkeit der Ertle beträgt ca. `7,27*10^(-5) s^(-1)`. Dies entspricht einer Geschwindigkeit eines Punktes am Äquator von 463 m/s auf der Erdoberfläche infolge der Erdrotation. Die Geschwindigkeit in unseren Breiten ist etwas geringer, weil unser Abstand zur Achse kleiner ist, als am Äquator.


Die zeitliche Änderung der Winkelgeschwindigkeit nennen wir Winkelbeschleunigung.

Winkelbeschleunigung

`\text{Winkelbeschleunigung} \alpha = (\Delta \omega)/(\Delta t)`

Die Einheit der Winkelbeschleunigung ist `s^(-2)`.

Eine WinkeIbeschleunigung tritt zum Beispiel bei einem Motor auf, der seine volle Drehzahl erst nach einiger Zeit erreicht. Nehmen Sie an, der Motor erreicht die Drehzahl von 12000 Umdrehungen pro Minute erst nach 1,5 s. Die Winkelbeschleunigung erhalten wir dann mit `\alpha = (\Delta \omega) /(\Delta t)`.

`\omega = 2 \pi f= 2\pi (12000 : 60) = 1256,6 s^(-1)`.

Da beim Anschalten des Motors `\omega = 0` war, erhalten wir

`\alpha = (1256,6)/(1,5) = 837,8 s^(-2)`.

Das Trägheitsmoment

Objekte in Ruhe haben die Tendenz, in Ruhe zu bleiben, und Objekte, die sich bewegen, würden ihre Bewegung geradlinig fortsetzen, wenn keine Kraft `F` auf sie wirkt. Genauso verhält sich ein Körper, der um eine Achse rotiert. Er würde weirer um die Achse rotieren, wenn kein äußeres Drehmoment `M` einwirkt. Die Eigenschaft des Körpers, einen Widerstand gegen die Änderung seines Rotations-Bewegungszustands aufzubauen, nennt man sein Trägheitsmoment und kürzt es mit `I` ab.

ABB Trägheit bei Drehbewegungen

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Erfahrungen mit der Trägheit bei Drehbewegungen; Wenn man die Massen enger zusammenschiebt, dann lässt sich die Hantel wesentlich leichter nach oben und unten kippen. Warum ist das so? Wie hängt die Massenverteilung mit der Trägheit zusammen?

Wir untersuchen den Zusammenhang von Drehmoment `M` und Winkelbeschleunigung `\alpha` mit einem einfachen Versuchsaufbau:

EXP Untersuchung der Drehbewegung

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Lassen Sie auf eine Drehscheibe ein Drehmoment `M = F*r` einwirken. Bestimmen Sie die Winkelbeschleunigung `\alpha`, indem Sie die Zeitdauer für mehrere Umläufe messen. Es gilt: `\omega=2 \pi f`. Messen Sie für verschieden große Drehmomente. Protokollieren Sie das Ergebnis. Wie interpretieren Sie es?

Je größer das Drehmoment ist, desto größer ist auch die Winkelbeschleunigung. Die Größe `M/\alpha` charakrerisiert das Trägheitsmoment `I`.

Wir kommen auf diese Weise zur Bewegungsgleichung der Rotation:

Drehmoment (Drehkraft)

Drehmoment = Trägheitsmoment mal Winkelbeschleunigung

EXP Messung der Abhängigkeit `I` von `r`

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Messen Sie, wie sich die Winkelgeschwindigkeit verändert, wenn Sie die Massen stufenweise weiter von der Drehachse nach außen schieben.

Messen Sie dann die Winkelgeschwindigkeit, mit der sich unrerschiedlich schwere Massen in immer gleicher Massenverteilung drehen. Halten Sie die Ergebnisse tabellarisch fest. Welcher Zusammenhang besteht zwischen `I`, `m` und `r`?

Lösung:

Man kennt in dieser Anordnung `F`, `m` und `r` und misst die Zeit, die eine bestimmte Anzahl von Umdrehungen benötigt. Daraus wird die Winkelbeschleunigung `\alpha = (\Delta \omega)/(\Delta t)` berechenbar. `M` bestimmt man aus `F` und `r`.

Das Trägheitsmoment `I` kann man aus `M/\alpha` berechnen. Vergleicht man die Messdaten, so erweist sich `I` als Produkt von `m` und `r^2`.

Wir legen daher das Trägheitsmoment `I` fest:

Trägheitsmoment

`I = m*r^2`

Einheit: [I] = `kg*m^2`

ABB Achsenabhängigkeit des Trägheitsmoments

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Während die Masse eines Körpers bei der Rotation gleich bleibt, ändert sich das Trägheitsmoment je nach Lage seiner Drehachse.


Rotationsenergie

Beschleunigt man einen starren Körper auf die Winkelgeschwindigkeit `\omega`, so übertragen wir Energie auf den Körper. Es ist dies nichts anderes als die Summe an kinetischer Energie aller Punkte des Körpers, die auf Kreisbahnen umlaufen.

Für einen Punkt der Masse `m` und der Geschwindigkeit `v` würde gelten `E_k = (m*v^2)/2 .

Die Geschwindigkeit auf dem Kreis `v = \omega *r` können wir einsetzen und erhalten für die kinetische Energie eines Punktes: `E_k = (m*\omega ^2 * r^2)/2.

Nun ist aber das Trägheitsmoment des Punktes `I_p = m*r^2` und wir kommen zu `E_k=(I_P*\omega ^2)/2`

Die Winkelgeschwindigkeit `\omega` ist für alle Punkte gleich. Wenn man das Trägheitsmoment `I` des Körpers (= Summe aller Trägheirsmomente `I_P` der einzelnen Punkte) kennt, dann lässt sich die Rotationsenergie angeben:

Rotationsenergie

`E_(rot)=(I_P*\omega ^2)/2` Einheit: Joule

ABB

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Rotationsenergie kann in einem Schwungrad gespeichert werden. Für den gleichmäßigen Lauf von Motoren ist das sehr wichtig. Eine runde, außen schwere Metallscheibe ist auf der einen Seite an der Kurbelwelle befestigt und auf der anderen über die Kupplung mit dem Getriebe. Sie dämpft Drehschwingungen und hilft Totpunkte zu überwinden. Das Trägheitsmoment ist umso größet, je weiter außen die Schwungmassen liegen. Leichte Schwungräder sind für sehr sportliche Motoren, schwere helfen, die Drehzahl des Motors bei steilem Gelände zu erhalten.


Bei einem Automotor ist das Schwungrad mit Anlasserkranz und Kupplung ein Speicher für Rotatiamenergie (Abb. zeigt ein Schwungrad mit demontierter Kupplung).

EXP Rotationsenergie und Trägheitsmoment

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Lassen Sie eine Vollwalze und eine Hohlwalze mir gleicher Masse und gleichem Radius über eine schiefe Ebene rollen. Erklären Sie das Ergebnis des Versuches!



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