====== Ströme erzeugen magnetische Felder ====== ===== Kräfte zwischen Strömen ===== ++++ Üben Ströme aufeinander Kräfte aus?| Diese Frage stellte sich Andre-Marie Ampere (1775-1836) im Herbst 1820, als er von Oersteds Experiment erfuhr. Im Oersted-Versuch haben wir gesehen: Ströme rufen Magnetfelder hervor. Ein gerader stromführender Draht ist von kreisförmigen Feldlinien umgeben. Wir haben gefunden: Ströme erzeugen Magnetfelder, Magnetfelder üben Kräfte auf Ströme aus. ++++ ++++ EXP Kräfte zwischen Strömen| Du brauchst: 2 dünne Drähte (ca. 1 m) oder Lamettafäden (Metall), Batterien, isolierende Stative, Kabel Was ist zu tun? Spanne in geringem Abstand zwei parallele Drähte, eventuell Lamettafäden, und lass durch sie Strom fließen.\\ Beschreibe und erkläre deine Beobachtungen. Benutze die UVW-Regel. {{:ph:mf:se7_070_2a.jpg?200&direct|parallel}}{{:ph:mf:se7_070_2b.jpg?200&direct|antiparallel}} \\ \\ \\ // Parallele Ströme durch Leiter ziehen einander an, antiparallele Ströme stoßen einander ab. // Wir finden: Zwischen Strömen wirken magnetische Kräfte.\\ Parallele Ströme ziehen einander an.\\ Antiparallele Ströme stoßen einander ab. Genaue Messungen zeigen: Die Kraft zwischen zwei Strömen ist direkt proportional zum Produkt ihrer Stromstärken $I_1\cdot I_2$ und zur Drahtlänge $s$, jedoch indirekt proportional zum Abstand $r$ der Drähte. Wir können daher mit einem Proportionalitätsfaktor, der aus historischen Gründen als $μ_0/(2π)$ gewählt wird, das Kraftgesetz schreiben: $F=\frac{μ_0}{2π}\cdot\frac{I_1\cdot I_2}{r}\cdot s$. Durch den Vergleich mit der Lorentzkraft $F=I_2\cdot s\cdot B$, die auf den Strom $I_2$ wirkt, sehen wir, dass der Strom $I$ im Abstand $r$ ein Magnetfeld $B$ hervorruft: $B=\frac{μ_0}{2π}\cdot\frac{I}{r}$. ++++ ===== Definition der Einheit Ampere ===== ++++ Wie ist die Grundgröße Stromstärke definiert?| Die magnetische Feldkonstante $μ_0$ folgt aus der Definition der Einheit der Stromstärke. Im Sl-System ist die **Einheit Ampere** folgendermaßen definiert: Durch zwei parallele Leiter im Abstand $r=1m$ fließen Ströme der Stärke 1 A, wenn zwischen ihnen eine Kraft $F=2\cdot10^{-7}$ N pro Meter Leiterlänge wirkt. {{:ph:mf:se7_070_3.jpg?300&direct|Amperedefinition}} \\ \\ \\ // Zwei Leiter von $1 m$ Länge im Abstand $1 m$ ziehen einander mit der Kraft $2\cdot 10^{-7}$ N an, wenn in ihnen jeweils Ströme von 1 A fließen (gesetzliche Definition des Ampere). // Daraus lässt sich $μ_0$ berechnen: $2\cdot 10^{-7} N = \frac{μ_0}{2π}\cdot\frac{(1A)^2}{1m}\cdot 1m$, also $μ_0=4π\cdot 10^{-7} \frac{N}{A^2}$ Eine Umformung ergibt: $1 \frac{N}{A^2}=1 \frac{N m}{A^2 m}= 1 \frac{J}{A^2 m}= 1 \frac{A V s}{A^2 m}= 1 \frac{V s}{A m}$ ++++ ===== Feldstärken spezieller stromführender Bauteile ===== ++++ Magnetfeld eines geradlinigen Leiters| Damit ist das Magnetfeld eines langen geradlinigen stromdurchflossenen Leiters bestimmt: Ein langer gerader Leiter, durch den der Strom $I$ fließt, ist von einem ringförmigen Magnetfeld umgeben. Dessen Stärke beträgt im Abstand $r$: $\qquad B=\frac{μ_0}{2π}\cdot\frac{I}{r}\qquad $ ($μ_0=4π\cdot 10^{-7}\frac{V s}{A m}$). Der Richtungssinn der Feldlinien wird durch die Rechts-Schraubenregel festgelegt. {{:ph:mf:se7_071_1.jpg?200&direct|Richtungssinn der Feldlinien}} \\ \\ \\ // Der Richtungssinn der kreisförmigen Feldlinien um einen Strom entspricht dem Drehsinn einer Rechts-Schraube, die man in Stromrichtung einschraubt. // ++++ ++++ Magnetfeld einer Leiterschleife| **Frage: Wie sieht das Magnetfeld eines Kreisstroms aus?** \\ Untersuche das Magnetfeld einer stromführenden kreisförmigen Drahtschleife und zeige das Feldlinienbild mit Eisenfeilspänen. Versuche eine Erklärung. Zur Erklärung des Feldverlaufs denken wir uns die Drahtschleife aus kleinen geradlinigen Drahtstücken zusammengesetzt. Im Inneren der Schleife verlaufen die Feldlinien aller Drahtstücke in der gleichen Richtung und verstärken einander, außerhalb der Schleife haben die Feldlinien gegenüberliegender Drahtstücke entgegengesetzte Richtungen und schwächen einander. Das entstehende Feldlinienbild entspricht dem Feld einer kleinen Magnetnadel. Auch die Kräfte zwischen frei drehbaren Stromschleifen entsprechen den Kräften zwischen Magnetnadeln. Durch die Abstoßung antiparalleler Ströme stellen sich die Schleifen parallel zueinander ein. Im Erdmagnetfeld verhält sich eine Stromschleife wie eine Magnetnadel. Kreisströme verhalten sich wie Magnetnadeln. {{:ph:mf:se7_071_2.jpg?300&direct|Leiterschleife und Magnetnadel}} \\ \\ \\ // Das Magnetfeld in der Umgebung eines Kreisstroms entspricht jenem einer kleinen Magnetnadel. // Das analoge Verhalten von Kreisströmen und Magnetnadeln führte Ampere zu folgender Hypothese: Magnetfelder werden stets durch Ströme hervorgerufen. In Permanentmagneten rufen "atomare Kreisströme" das Magnetfeld hervor. **Frage: Gibt es magnetische Monopole?** Aus dieser (damals nicht überprüfbaren) Hypothese (der "Ampere'sche Kreisströme") folgt, dass man beim Zerteilen eines Magneten nie einen einzelnen magnetischen Pol, sondern immer nur Dipole mit Nord- und Südpol erhält. Begründe dieses Resultat. ++++ ++++ Magnetfeld einer Spule| **EXP: Magnetfeld einer langen Spule** \\ Das Magnetfeld wird verstärkt, wenn man mehrere Stromschleifen zu einer Spule aneinander fügt. So wie eine einzelne Stromschleife einer Magnetnadel entspricht, entspricht das Feld einer Spule dem Feld, das man beim Zusammenfügen vieler kleiner Magnete zu einem Stabmagneten erhält. {{:ph:mf:se7_071_3.jpg?300&direct|Leiterschleife und Magnetnadel}} \\ \\ \\ // Im Inneren einer langen Spule herrscht ein nahezu homogenes Magnetfeld // Die Beobachtung zeigt, dass sich eine einfache Feldverteilung ergibt, wenn die Spule viel länger als ihr Durchmesser ist. Die Feldstärke ist umso größer, je dichter die Spule gewickelt ist, je mehr Windungen sie bei gleicher Länge enthält. Das Magnetfeld $B$ im Inneren einer langen Spule, die vom Strom $I$ durchflossen wird ist nahezu homogen und hat den Betrag $B=μ_0\cdot I\cdot\frac{N}{l}$ $N$ ist die Anzahl der Windungen der Spule und $l$ die Spulenlänge. **EXP: Magnetfeld einer Spule mit Eisenkern** \\ Bringt man einen Eisenkern ins Innere einer langen stromdurchflossenen Spule, so zeigt die Ablenkung einer außen angebrachten Magnetnadel eine Verstärkung des Magnetfelds um einen Faktor 100 bis 1000 an. ++++ ===== Ferromagnetismus ===== ++++ Ursache für Dauermagnetismus| Die Verstärkung des Magnetfelds der Spule durch einen Eisenkern ermöglicht es, mit Elektromagneten starke Magnetfelder herzustellen und sie technisch zu nutzen. Wie lässt sich die Verstärkung des Spulenfelds durch den Eisenkern erklären? Ampere nahm die **Existenz atomarer Kreisströme** an, die sich im angelegten Magnetfeld parallel richten und dadurch das Feld verstärken. Die moderne Erklärung des Ferromagnetismus modifiziert Ampere's Hypothese. Wegen des besonderen Aufbaus ihrer Elektronenhüllen verhalten sich Fe-, Co-und Ni-Atome sowie Legierungen aus Seltenen Erden wie kleine Magnete. Durch die Wärmebewegung ist die Ausrichtung einzelner Atome im Kristallgitter in der Regel völlig ungeordnet und ruft daher kein messbares Magnetfeld hervor. Im Kristallverband können sich jedoch **mikroskopische Bereiche mit paralleler Ausrichtung, Weiss'sche Bezirke**, bilden. {{:ph:mf:se7_072_1.jpg?300&direct|teilweise Ausrichtung der atomaren Magnetfelder}} \\ \\ \\ // Magnetmodell der Weiss'schen Bezirke. In kleinen Bereichen sind die Magnetnadeln parallel, ohne Magnetfeld weisen die Bereiche aber keine Vorzugsrichtung auf. // ++++ ++++ Weiss'sche Bezirke| Wegen der zufälligen Magnetisierungsrichtungen der einzelnen Bezirke erscheint der Kristall zunächst unmagnetisiert. Beim Anlegen eines Magnetfelds, z.B. durch Einschalten eines Stroms durch die Spule, vergrößern sich die Bereiche mit einer zum Feld parallelen Magnetisierung auf Kosten anderer Bereiche, bis eine vollständige Ausrichtung erreicht ist. Das Gesamtfeld setzt sich daher aus zwei Anteilen zusammen, dem durch den Strom $I$ hervorgerufenen Anteil $μ_0 I N/l$ und einem ebenfalls zum Strom $I$ proportionalen Anteil der Weiss'schen Bezirke. $B$ bleibt daher zum Strom durch die Windungen der Spule proportional, der Proportionalitätsfaktor $μ_r$ wird als **relative Permeabilität** bezeichnet. $B$=$B$ (ohne Kern) + $B$ (Weiss'sche Bezirke)=$μ_0\cdot μ_r\cdot\cdot\frac{N}{l}$ . Bringt man einen Eisenkern in eine Spule, so richten sich die Weiss'schen Bezirke parallel zum Magnetfeld der Spule aus und verstärken es. Die Weiss'schen Bezirke sind nicht nur eine Modellvorstellung, sie lassen sich beispielsweise im Mikroskop sichtbar machen. {{:ph:mf:se7_072_2.jpg?300&direct|teilweise Ausrichtung der atomaren Magnetfelder}} \\ \\ \\ // "Weiss'sche Bezirke" im Kristallverband // In Stahl lassen sich die Weiss'schen Bezirke besonders schwer ausrichten. Wenn sie einmal durch ein starkes Magnetfeld parallel gerichtet wurden, behalten sie großteils ihre Orientierung auch dann, wenn das äußere Magnetfeld abgeschaltet wird - der Stahl ist zum **Permanentmagneten** geworden. Selbst bei Weicheisen bleibt stets eine Restmagnetisierung, die man als **Remanenz** bezeichnet. {{:ph:mf:se7_071_4.jpg?300&direct|Hysteresiskurve}} \\ \\ \\ // Steigert man den Strom $I$ durch eine Spule mit Eisenkern, so steigt das Magnetfeld $B$ zunächst viel schneller als ohne Eisenkern (Verstärkungsfaktor $μ_r=100-1000$), bis alle atomaren Kreisströme parallel gerichtet sind. Schaltet man den Strom langsam aus, bleibt eine Restmagnetisierung (Remanenz) zurück. // Wie bei jeder Ordnung im atomaren Bereich wirkt auch beim Permanentmagneten die thermische Bewegung der parallelen Ausrichtung der elementaren Magnete entgegen. Beim Erwärmen über eine materialspezifische Temperatur (**Curiepunkt**, bei Eisen 770 °C) wird die Ausrichtung zerstört und das Material hört auf, ferromagnetisch zu sein. eine Probe aus supraleitendem Material wird ein Magnet gelegt. Beim Abkühlen unter den Erwärmung von Permanentmagneten über den Curiepunkt zerstört die ferromagnetischen Eigenschaften. ++++ ++++ Magnetisches Verhalten von Stoffen| **Ferromagnetische Stoffe** ($μ_r>>1$, typisch 10000): In der Anwendung spielen neben Eisen, Eisen-Nickel-Legierungen und verschiedenen Stählen die Ferrite eine wichtige Rolle. Sie werden aus Eisen-, Nickel- oder Manganoxiden gesintert. (Beim Sintern werden die zu Pulver vermahlenen Stoffe zunächst in die gewünschte Form gepresst und durch Erhitzen „zusammengebacken".) Besonders starke Permanentmagnete sind die **Neodym-Eisen-Bor-Magnete**. Sie werden z. B. in Generatoren von Windkraftanlagen statt Magnetspulen verwendet. Sie werden auch für Hobbyanwendungen vertrieben, doch wird ihre beträchtliche Stärke oft unterschätzt, was zu schweren Verletzungen führen kann. Die Gewinnung des Rohstoffs führt im Hauptherkunftsland China zu schweren Umweltschäden. {{:ph:mf:se7_072_3.jpg?300|Starker Dauermagnet}} \\ \\ \\ // Der kleine Magnetwürfel aus Neodym hält die Cent-Münzen aus Stahl mit einer Kraft von 10 N. // Alle nicht ferromagnetischen Stoffe lassen sich auf Grund ihres Verhaltens im Magnetfeld in zwei Gruppen teilen: **Diamagnetische Stoffe** (z.B. Bismut) verdrängen Magnetfelder aus ihrem Inneren. Ihre Permeabilität für liegt zwischen 0,9998 und 1,0. Supraleiter zeigen besonders starken Diamagnetismus, nämlich $μ_r= 0$, d. h.in ihnen kann kein Magnetfeld existieren: Starke Permanentmagnete schweben daher über Supraleitern. **Paramagnetische Stoffe** (z.B. flüssiger Sauerstoff und Platin, Eisen oberhalb des Curiepunkts, $μ_r>1$) werden ins Feld gezogen. {{:ph:mf:se7_072_4.jpg?300&direct|schwebender Magnet}} \\ \\ \\ // Der Meißnereffekt: Supraleiter verdrängen aus ihrem Inneren Magnetfelder. Auf eine Probe aus supraleitendem Material wird ein Magnet gelegt. Beim Abkühlen unter den Sprungpunkt (Einsetzen der Supraleitung des Materials) wird das Magnetfeld aus dem Supraleiter verdrängt. Dadurch hebt sich der Magnet und schwebt. // ++++