====== Ströme im Magnetfeld ======
===== Stromdurchflossener Leiter im Magnetfeld=====
++++Wie verhält sich ein stromdurchflossener Leiter im Magnetfeld?|
Die Ablenkung einer Magnetnadel in der Nähe eines stromführenden Drahtes zeigt, dass Ströme auf Magnete Kräfte ausüben.\\ Gilt auch, dass Magnetfelder auf Ströme Kräfte ausüben?
**EXP Leiterschaukel**
{{:ph:mf:se7_067_2.jpg?200&direct|Leiterschaukel}}
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Schaltet man den Strom ein, wird die Leiterschaukel ausgelenkt. Auf einen Strom durchflossenen Leiter wirkt im Magnetfeld eine Kraft.
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Setze die Prinzipskizze in ein qualitatives Experiment um. Untersuche das Verhalten eines stromführenden Leiters im Magnetfeld. Variiere die Stromstärke und die Richtung des Magnetfelds relativ zum Leiter. Beschreibe deine Beobachtungen.
Der Draht wird ausgelenkt, wenn er zu den Feldlinien normal steht. Liegt er parallel zu den Feldlinien, wirkt keine Kraft. Ein Vergleich mit der Elektrostatik zeigt:
Elektrische Felder wirken auf Ladungen.\\
Magnetfelder wirken auf Ströme.
Genaue Experimente zeigen, dass die Kraft $F$ auf den Draht proportional zur Stromstärke $I$ und zur Länge $s$ des Drahtstückes ist, das sich im Magnetfeld befindet. Auch nimmt die Kraft mit der Stärke des Magnetfeldes zu. Damit können wir die Stärke des Magnetfeldes durch die Kraft auf den Strom durchflossenen Draht bestimmen:
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===== Magnetische Feldstärke =====
++++ Wie lässt sich die Magnetfeldstärke angeben?|
Die Magnetfeld $\vec{B}$ ist ein Vektorfeld. Die Feldrichtung wird durch den nach Norden weisenden Pol (Nordpol) einer kleinen Magnetnadel festgelegt.
Die Stärke des Magnetfeldes ist $B=\frac{F}{I \cdot s}$, wobei $F$ die Kraft auf einen Leiter der Länge $s$ ist, der vom Strom I durchflossen wird, und der normal zur Feldrichtung steht.
Im internationalen Einheitensystem (SI) wird das Magnetfeld $B$ als **magnetische Flussdichte $B$** bezeichnet. Die elektrische Feldstärke $E$ und das Magnetfeld $B$ sind die fundamentalen Felder der elektromagnetischen Erscheinungen und bilden die Grundlage für die elektromagnetischen Wellen.
Die Einheit des Magnetfelds $B$ ist nach dem serbo-kroatischen Physiker und Erfinder Nikola Tesla (1856-1943) benannt. Ein Magnetfeld hat die Stärke B=1 Tesla =1 T, wenn ein 1 m langer Draht, durch den ein Strom I =1 A fließt, die Kraft F=1 N erfährt. Die Einheit Tesla kann auf die SI-Basiseinheiten oder andere bekannte Einheiten zurückgeführt werden, z. B. gilt: 1 T=1 N/(A m)=1 V s/m².
{{:ph:mf:se7_067_3.jpg?350&direct|Stärken von Magnetfeldern}}
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++++ Wie lassen sich Magnetfelder messen?|
Magnetfelder misst man mittels Hallsonden, das sind dünne Strom durchflossene Halbleiterplättchen: Die im Magnetfeld auf den Strom ausgeübte Kraft führt zu einer Ablenkung der Ladungen quer zu Strom- und Feldrichtung. Die Ränder der Hallsonde tragen nun entgegengesetzte Ladungen. Zwischen ihnen besteht durch Ladungstrennung eine Spannung ("Hallspannung") proportional zur Stärke des Magnetfeldes.
{{:ph:mf:se7_067_4.jpg?250&direct|Hallsonde}}
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Die Hallspannung $U_H$ an einem dünnen Halbleiterplättchen im Magnetfeld ist proportional zum Produkt aus Strom I und Magnetfeld B.
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===== Lorentzgesetz für Ströme =====
++++ Beschreibung der ablenkenden Kraft auf einen Strom|
Wenn man das Magnetfeld entweder durch Messung oder Berechnung kennt, kann man die Definitionsgleichung nach F auflösen und die Kraft bestimmen, die auf einen beliebigen Strom /wirkt. Dieses Kraftgesetz ist nach dem holländischen Physiker Hendrik Antoon Lorentz (1853-1928) benannt.
**Lorentzkraft auf Strom**
In einem Magnetfeld $\vec{B}$ erfährt ein Leiter der Länge $s$, in dem ein Strom $I$ fließt, die Kraft
$\vec{F}=s\cdot (\vec{I} \times \vec{B})$, wenn $I$ normal zur Feldrichtung fließt.
Auf Ströme parallel zur Feldrichtung wirkt keine Kraft.
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++++ Rechte Hand-Regel|
{{:ph:mf:se7_068_1.jpg?300&direct|}}
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Die UVW-Regel: Strom, Magnetfeld und Kraft stehen aufeinander senkrecht. (Rechte-Hand-Regel) Mathematisch ausgedrückt: Das Vektorprodukt von I (eigentlich dem Vektor $\vec{s}$, der sich im Magnetfeld befindet) und $\vec{B}$ ergibt $\vec{F}$.
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===== Lorentzgesetz für Ladungen =====
++++ Beschreibung der ablenkenden Kraft auf Ladungen|
**EXP Fadenstrahlrohr** \\
Mit dem Fadenstrahlrohr lässt sich die Wirkung eines Magnetfelds auf Elektronen zeigen. Aus der Glühkathode treten Elektronen aus, die durch eine angelegte Spannung beschleunigt werden. Der Elektronenstrahl wird sichtbar, indem Restgasatome in der evakuierten Röhre durch Stöße mit Elektronen zum Leuchten angeregt werden. Bringen wir einen Stabmagneten in die Nähe des Strahls, ist eine Ablenkung deutlich zu sehen. Das Magnetfeld der zwei Spulen führt die Elektronen auf einer Kreisbahn.
{{:ph:mf:se7_068_2.jpg?300&direct|Fadenstrahlrohr}}
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Fadenstrahlrohr: Elektronen werden links aus einer Glühkathode emittiert und vertikal beschleunigt. Sie laufen im Magnetfeld der beiden äußeren Spulen auf einer Kreisbahn.
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Mit einer einfachen Überlegung erhalten wir aus dem Kraftgesetz für Ströme im Magnetfeld jenes für einzelne Ladungen.
{{:ph:mf:se7_068_3.jpg?300&direct|Elektronen im Draht}}
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Der Strom $I$ durch den Querschnitt $A$ beträgt $n\cdot q\cdot v\cdot A$.
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Wir stellen uns vor, dass alle Elektronen (Ladung $q$) des Strahls die gleiche Geschwindigkeit v besitzen und wie Perlen auf einer Kette einzeln an uns vorbeifliegen. Ihr zeitlicher Abstand sei $Δt$. Die Stromstärke $I$ ist als Ladung pro Zeit durch den Leiter definiert, und da in der Zeit At die Ladung $q$ fließt, gilt I=g/At. Jedes Elektron bewegt sich während $Δt$ die Strecke $s = v\cdot Δt$ durch das Magnetfeld. So erhalten wir mit $I\cdot s=q\cdot v$ den Betrag der Lorentzkraft auf eine einzelne Ladung:
$F=q\cdot v\cdot B$ (wenn $v$ und $B$ zu einander normal sind.), bzw. in Vektorschreibweise
$\vec{F}=q\cdot (\vec{v}\times \vec{B})$.
{{:ph:mf:se7_068_4.jpg?300&direct|Kreisbewegung im homogenen Magnetfeld}}
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Prinzip von Kreisbeschleunigern für elektrisch geladene Teilchen. Werden geladene Teilchen (z. B. Elektronen) in ein Magnetfeld eingeschossen, so zwingt sie die Lorentzkraft.
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**Lorentzkraft auf Ladung**
$\vec{F}=q\cdot (\vec{v}\times \vec{B})$.
Da die Lorentzkraft stets normal zur Bewegungsrichtung steht, verändert sie nur die Richtung der Geschwindigkeit, aber nicht deren Betrag.
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++++ Wie bewegen sich geladene Teilchen in einem homogenen Magnetfeld? |
Wir betrachten ein Teilchen, das sich normal zu den Feldlinien eines homogenen Magnetfelds bewegt. Da 8 überall den gleichen Wert hat und die Lorentzkraft nur die Richtung der Geschwindigkeit, nicht aber deren Betrag v ändert, durchläuft das Teilchen eine Kreisbahn. Die Lorentzkraft wirkt als Zentripetalkraft, so dass die Bewegungsgleichung lautet:
$\frac{m\cdot v^2}{2}=q\cdot v \cdot B$
Für den Kreisradius ergibt sich daher
$r=\frac{m\cdot v}{q\cdot B}$
Im Allgemeinen hat das Teilchen auch eine Geschwindigkeitskomponente $v_\parallel$ parallel zur Feldrichtung. Diese bleibt unverändert. Die Gesamtbewegung des Teilchens setzt sich daher aus zwei Bewegungen zusammen:
a) normal zur Richtung des Magnetfeldes bewegt sich das Teilchen mit der Geschwindigkeitskomponente $v_\bot$ auf einer Kreisbahn mit dem Radius $r=m\cdot v/(q_\bot \cdot B)$,
b) parallel zur Richtung des Magnetfeldes bewegt sich das Teilchen mit konstanter Geschwindigkeit $v_\parallel$.
Geladene Teilchen bewegen sich im homogenen Magnetfeld auf schraubenförmigen Bahnen.
Die Achse der Schraubenbahn liegt parallel zur Feldrichtung.
Der Radius der Schraubenbahn beträgt: $r=\frac{m\cdot v_\bot}{(q \cdot B)}$
{{:ph:mf:se7_069_1.jpg?300&direct|Spiralbahn}}
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Hat ein geladenes Teilchen auch eine Anfangsgeschwindigkeit $v_\parallel$ parallel zu den Feldlinien, so bewegt es sich auf einer Schraubenbahn. Erkläre dieses Verhalten.
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++++ Wie funktioniert ein Massenspektrograph und wozu dient er? |
Der Bahnradius $r=m v/(q B)$ geladener Teilchen im Magnetfeld hängt vom Verhältnis $m/q$ ab. Wenn man die Ladung $q$, die stets ein Vielfaches der Elementarladung ist, kennt, kann man die Masse aus dem Bahnradius bestimmen. Dazu beschleunigt man die geladenen Teilchen zunächst in einem elektrischen Feld mit einer Spannung $U$. Wenn die Anfangsgeschwindigkeit der Teilchen vernachlässigbar klein ist, gilt nach dem Energiesatz $\frac{m\cdot v^2}{2}=q\cdot U$. Die Teilchen erreichen daher die
Geschwindigkeit
$v=\sqrt{\frac{2q\cdot U}{m}}$.
Anschließend durchlaufen sie in einem homogenen Magnetfeld Kreisbahnen mit dem Radius
$r=\frac{m\cdot v}{q\cdot B}=\frac{m}{q\cdot B}\cdot \sqrt{\frac{2q\cdot U}{m}} = \sqrt{\frac{2m\cdot U}{q\cdot B^2}}$
Der Bahnradius steigt also mit der Wurzel der Teilchenmasse m. Fängt man die Teilchen mit einer Photoplatte oder einem elektronischen Zähler auf, so erhält man ein Massenspektrum. So wurden die Masse des Elektrons ($m_e=9,1\cdot 10^{-31}$ kg) und die Massen der Atome mit ihren Isotopen bestimmt. Heute ist die Massenspektrometrie ein Standardinstrument der Analytik und dient beispielsweise zur Altersbestimmung von archäologischen Funden ($^{14}C$-Methode).
{{:ph:mf:se7_069_2.jpg?300&direct|Funktionsprinzip Massenspektrograph}}
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Im Massenspektrometer werden geladene Teilchen zunächst durch ein elektrisches Feld beschleunigt und dann durch ein Magnetfeld abgelenkt. Aus dem Radius der Bahn kann die Masse bestimmt werden.
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++++ Wie kommen Polarlichter zustande?|
Die Sonne sendet ständig einen Strom geladener Teilchen (Protonen und Elektronen), den Sonnenwind, in den Weltraum, gelegentlich kommt es bei erhöhter Sonnenaktivität zu heftigen Sonnenstürmen mit einem verstärkten Teilchenstrom. Geraten die Teilchen in den Bereich des Erdmagnetfeldes, so bewegen sie sich auf Schraubenbahnen um die Feldlinien. In der Umgebung der Pole nimmt die magnetische Feldstärke zu, dadurch verringert sich die Geschwindigkeitskomponente der Teilchen parallel zur Feldrichtung und kehrt sich schließlich um. Die Teilchen pendeln daher ständig zwischen den Polen hin und her. Dabei wird in einigen Bereichen des Erdmagnetfelds eine beträchtliche Anzahl von geladenen Teilchen gespeichert. Diese Bereiche heißen Strahlungsgürtel bzw. nach ihrem Entdecker van Alien-Gürtel. Die Teilchen sind in einem inneren (in ca. 4000 km Höhe) und einem äußeren (in ca. 25000 km Höhe) Gürtel konzentriert. Das Erdmagnetfeld hindert die geladenen Teilchen, die Erdoberfläche zu erreichen und schützt dadurch die Lebewesen auf der Erde vor der ionisierenden Strahlung aus dem Weltall.
{{:ph:mf:se7_069_3.jpg?300&direct|Sonnenwind}}
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Der Sonnenwind besteht hauptsächlich aus Protonen und Elektronen von der Sonne. Das Erdmagnetfeld wird durch den Sonnenwind verbogen. Ein Teil des Sonnenwinds wird im Erdfeld gefangen und pendelt in Schraubenbahnen um die Feldlinien zwischen den Polen der Erde. Es verursacht das Polarlicht
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In den Polargegenden stoßen die gespeicherten Teilchen in über 100 km Höhe mit Molekülen aus der Atmosphäre zusammen und ionisieren sie. Bei der Rekombination von Ionen und Elektronen wird farbiges Licht ausgestrahlt - Grün und Blau stammt vom Sauerstoff, Rot und Violett vom Stickstoff. Je stärker die Sonnenaktivität ist, desto intensiver werden die Polarlichter.
{{:ph:mf:se7_069_4.jpg?300&direct|Polarlichter aus Weltraum betrachtet}}
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Aus dem Weltraum aufgenommene Häufigkeit von Polarlichtern. Sie treten besonders in den Polregionen auf.
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++++ Teilchenbeschleuniger |
{{:ph:mf:se7_070_1.jpg?300&direct|LHC}}
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Lorentzkraft in Aktion: Die 15 m langen supraleitenden Magneten (-271 °C) des LHC am CERN führen zwei gegenläufige Protonenstrahlen auf einer Kreisbahn (r=4,3 km). Schließlich kollidieren die Protonen in riesigen Detektoren mit einander und erzeugen zahlreiche andere Teilchen.
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